Geschlechtergerechtigkeit ist unabdingbar für die Entwicklung friedlicher, inklusiver Gesellschaften und eine zukunftsfähige, sozial und ökologisch nachhaltige Entwicklung weltweit. Denn die wirtschaftliche Stärkung von Frauen kommt nachweislich stärker der Gemeinschaft insgesamt zugute, da Frauen ihr Einkommen öfter in Ernährung, Bildung, soziale Aktivitäten und Gesundheit investieren.
Geschlechtergerechtigkeit durch Fairen Handel – ein Überblick zum Weltfrauentag 2024
Vor einem Jahr habe ich meine Strategie für eine feministische Entwicklungspolitik vorgelegt. Seitdem ist die Umsetzung in vollem Gange – gerade auch dank der großen Unterstützung der Zivilgesellschaft. Frauen und Mädchen zu stärken ist nicht nur eine Frage der Gerechtigkeit, sondern auch ein Gebot der Vernunft. Denn keine Gesellschaft kann sich gut entwickeln, wenn sie auf die Hälfte ihres Potenzials verzichtet. Wenn Frauen gleichberechtigt sind und gleiche Verantwortung tragen, gibt es weniger Armut, weniger Hunger und mehr Frieden in der Welt.
Feministische Entwicklungspolitik ist keine Kür
Der aktuelle VENRO-Bericht "Feminist Journeys", welcher Wege zur Überwindung von patriarchalen Machtstrukturen aufzeigt, bringt es auf den Punkt: Feministische Entwicklungspolitik ist keine Kür, sondern fundamental für eine nachhaltige Welt.
Von Beginn an waren im Fairen Handel Frauenförderung und Geschlechtergerechtigkeit in den Prinzipien und Standards verankert. Grund dafür ist die andauernde benachteiligte Situation von Mädchen und Frauen in ihren Lebensrealitäten: Vor allem in ländlichen Gebieten des Globalen Südens führt die oft strukturell bedingte Ungleichheit in der Verteilung von und dem Zugang zu Ressourcen dazu, dass Mädchen, Frauen und marginalisierte Gruppen in Bezug auf Besitzverhältnisse und Bildungschancen diskriminiert und somit stärker dem Armutsrisiko ausgesetzt sind.
Gemeinsam mit unseren Mitgliedsorganisationen, dem Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) und Fairtrade Deutschland haben wir in einem Positionspapier zusammengefasst, was wir unter feministischer Entwicklungspolitik verstehen und was der Faire Handel dazu beiträgt. Dafür sind die drei R von zentraler Bedeutung: Rechte, Repräsentanz und Ressourcen mit dem Zusatz „D“ für Diversität. Fairer Handel und feministische Entwicklungspolitik sind natürliche Partner. Geschlechtergerechtigkeit ist unabdingbar für eine zukunftsfähige, sozial und ökologisch nachhaltige Entwicklung weltweit.
Der Faire Handel schafft Perspektiven für Frauen weltweit
Im Einsatz für Geschlechtergerechtigkeit adressiert der Faire Handel Verwerfungen, die weder durch staatliche Instanzen noch wirtschaftliche Akteure in Angriff genommen werden bzw. häufig von ihnen verstärkt werden. Dies trifft in besonderem Maße auf die ungleichen Machtverhältnisse zwischen Frauen und Männern in den Arbeitsverhältnissen weltweit zu. In den Strukturen des Fairen Handels wird großer Wert auf Geschlechtergerechtigkeit gelegt. Im Fairen Handel gibt es einen hohen Frauenanteil, nicht nur unter den Beschäftigten, sondern auch in Führungspositionen. Der Faire Handel bietet eine Alternative zu gängigen Produktions- und Handelsstrukturen für ein selbstbestimmtes Leben der Produzent*innen, Arbeiter*innen und Handwerker*innen im Globalen Süden. Wie die gleichberechtigte Teilhabe von Mädchen und Frauen im Fairen Handel befördert wird, zeigen die folgenden Beispiele unserer Mitgliedsorganisationen:
Mikrokredite für Kaffeebäuerinnen in Uganda
Gladys Kyomugisha ist Frauenbeauftragte des Kaffeedachverbandes ACPCU (Uganda), mit dem die GEPA seit 2006 zusammenarbeitet. Aus ihrer Sicht sind Frauen in Uganda noch sehr abhängig von ihren Männern:
Frauen haben oft keine Sicherheiten, kein Einkommen und auch keinen Zugang zu Land. Bei einer Scheidung bleiben nur die kleinen Kinder bei ihrer Mutter. Kinder ab sieben Jahren werden den Vätern zugesprochen.
ACPCU hat ein Mikrokredit-Programm für Frauen initiiert, an dem sich auch die GEPA beteiligt hat. Die Kredite werden zu niedrigen Zinsen vergeben, z.B. für die Instandhaltung ihrer Gebäude. Für Frauen ist es schwierig, bei regulären Banken ein Darlehen zu erhalten. Aktuell verteilt ACPCU kostenlos Pilzsetzlinge an die Frauen. Mit dem Anbau und Verkauf von Pilzen, Kohl und Möhren erzielen die Frauen ein zusätzliches Einkommen. Gladys berät die Frauen auch bei Konflikten in der Familie, denn "häusliche Gewalt ist immer noch ein großes Problem." Im Kaffeeanbau geht nichts ohne die Frauen. Sie erhalten Weiterbildungen in ihrer lokalen Muttersprache. Welche Qualitäten es braucht, um eine gute Kaffeebäuerin zu sein, fasst Gladys so zusammen: "Harte Arbeit, Geduld, kein Unkraut auf dem Feld." Mehr Infos zu ACPCU finden Sie hier.
Color Cacao in Kolumbien: Wie Frauen den Fairen Handel voranbringen
Das Unternehmen Color Cacao zeigt, wie einzigartig Frauen den Fairen Handel voranbringen und der Faire Handel gleichzeitig die Frauen unterstützt. Ana Margarita Villegas gründete 2008 dieses kleine Unternehmen aus Liebe zur Schokolade und mit dem Ziel, lokale Kleinbäuer*innen zu unterstützen. Für ihr Studium war sie in Frankreich und lernte die große Kunst der Chocolaterie kennen. Zurück in ihrer Heimat Kolumbien begann sie die erlernten Techniken mit dem hervorragenden Kakao des Landes zu verbinden. Hier fertigen 10 Mitarbeiterinnen feinste Pralinen in aufwendiger Handarbeit an. Bemerkenswert ist, dass die Rohstoffe nahezu komplett aus Kolumbien stammen und dass ein Großteil der Wertschöpfung im Land bleibt, wodurch wichtige Arbeitsplätze geschaffen werden. Dank des Fairen Handels und der Handelspartnerschaft mit El Puente profitieren die Mitarbeiterinnen von sicheren Arbeitsplätzen und werden überdurchschnittlich gut bezahlt.
Sie möchten mehr darüber erfahren, wie der Faire Handel Frauen weltweit ermöglicht, ihr volles Potenzial zu entfalten?
Der Weltladen-Dachverband hat zum Weltfrauentag 2024 die Themenseite "Starke Frauen im Fairen Handel" veröffentlicht. Neben spannenden Fallbeispielen erhalten Sie dort auch Anregungen, mit welchen Fair Trade-Produkten Sie selbst einen Beitrag zu Geschlechtergerechtigkeit leisten können. Wie wäre es zum Beispiel mit einem leckeren Bio-Kaffee aus Honduras, der von einer reinen Frauenkooperative kommt?
Weitere eindrucksvolle Beispiele für die Umsetzung der feministischen Entwicklungspolitik durch Fair-Handels-Organisationen finden Sie im Blog der Weltpartner eG.
Unsere Mitgliedsorganisation El Puente hat in ihrem Blog sehr anschaulich die fünf Wege zusammengefasst, wie der Faire Handel Frauenrechte stärkt.
Positionspapier: Feministische Entwicklungspolitik und Fairer Handel