Faire Städtekaffees

Öko-faire Öffentliche Beschaffung

Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg

Wie gelingt öko-faire öffentliche Beschaffung?

Öffentliche Stellen in Bund, Ländern und Kommunen geben jährlich etwa 500 Milliarden Euro für Produkte und Dienstleistungen aus, etwa für Kaffee oder Berufsbekleidung. Etwa 50 % der Ausgaben für öffentliche Beschaffung fallen auf Städte und Kommunen.

Der deutsche Staat hat also eine enorme Marktmacht und einen starken Einfluss darauf, wie beispielsweise der Kaffee im deutschen Bundestag, die Computer in den Ministerien oder die Lebensmittel für die städtischen Kantinen hergestellt und gehandelt sind. Mit einer nach ökologischen und fairen Kriterien ausgerichteten Beschaffungspraxis würde die öffentliche Hand in Deutschland einen erheblichen Beitrag zum Erreichen der UN-Nachhaltigkeitsziele (SDGs) leisten.

Jonas Lorenz
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Jonas Lorenz

2016 hat die Bundesregierung das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen sowie die Vergabeverordnung überarbeitet. Trotzdem hat sie den Spielraum der neu gestalteten Vergaberichtlinie der Europäischen Union noch nicht genutzt, um verbindlichere Vorgaben zu machen. Somit bleibt es bisher den jeweiligen politischen Gremien und den einzelnen Beschaffungsverantwortlichen überlassen, ob sie öko-faire Kriterien in ihre Ausschreibungen aufnehmen. Das muss sich ändern, denn im Nationalen Aktionsplan (NAP) zur Umsetzung der UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte stellt die Bunderegierung die besondere Verantwortung der öffentlichen Hand fest und betont, "dass mit öffentlichen Mitteln keine negativen Auswirkungen auf die Menschenrechte verursacht oder begünstigt werden" sollen. Vor diesem Hintergrund muss eine öko-faire öffentliche Beschaffung in Deutschland zum Standard gemacht werden.

Forderungen des Forum Fairer Handel zur öko-fairen Beschaffung auf Bundesebene

Soziale und ökologische Kriterien im Vergabegesetz verbindlich machen

Es ist begrüßenswert, dass das Lieferkettengesetz (§11) einen Ausschluss von Unternehmen in der öffentlichen Beschaffung vorsieht, wenn diese bei Verstößen gegen die Sorgfaltspflichten mit einem Bußgeld belegt wurden. Damit hat der Gesetzgeber jedoch seine Pflicht zu einer nachhaltigen Beschaffung und seinen Prüfauftrag aus dem Nationalen Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte noch nicht erfüllt.

Soziale und ökologische Kriterien müssen im Vergabegesetz als verbindliche Vorgabe für die Einkaufspraxis von Bund, Ländern und Kommunen festgeschrieben und aussagekräftige und glaubwürdige Nachweise eingefordert werden. 

Über die Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) hinausgehen

Das Vergabegesetz muss bei den sozialen Vorgaben über die Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) hinausgehen. Diese decken eklatante Probleme wie mangelnden Arbeitsschutz, unsichere Beschäftigungsverhältnisse und unzureichende Löhne nicht ab.

Schluss mit den Eigenerklärungen – konkrete Nachweise fordern

Es sollten nur noch konkrete, unabhängige Nachweise als Belege zur Einhaltung sozialer und ökologischer Kriterien zugelassen werden, denn nur so kann eine effektive Kontrolle gewährleistet werden. Eigenerklärungen der Anbieter stellen keinen ausreichenden Beleg dar.

Einen jährlichen Fortschrittsbericht zur öko-fairer Beschaffung erstellen

Die Bundesregierung sollte einen jährlichen Fortschrittsbericht zur öko-fairen Beschaffung erstellen. Darin sollte ausgeführt werden, wie groß das gesamte Auftragsvolumen der öffentlichen Beschaffung ist und welche Nachhaltigkeitskriterien angewandt wurden. Die zentrale Vergabestatistik sollte dafür überarbeitet werden: Es gilt, für alle öffentlichen Auftragsvergaben aussagekräftige Daten über die Berücksichtigung menschen- und arbeitsrecht­licher Kriterien zu erfassen und zu dokumentieren – unabhängig davon, ob sie in den Leistungsmerkmalen, den Ausführungsbedingun­gen oder in den Zuschlagskriterien verankert sind.

Öko-faire Beschaffung als Indikator für SDG 12 in die Überarbeitung der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie aufnehmen

Die Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie (DNS) sollte einen Indikator dazu enthalten, wie öko-faire Beschaffung zur Erfüllung von SDG 12 (Nachhaltig produzieren und konsumieren) beiträgt.  Darüber hinaus sollte er mindestens die Beschaffung von relevanten Produkten, wie Agrarprodukte und Textilien, erfassen.

Verbraucher*innen fordern öko-faire öffentliche Beschaffung

Einflussmöglichkeiten auf Landes- und kommunaler Ebene

Gemäß ihrer Vorbildfunktion für Bürger*innen, Unternehmen oder kirchliche Einrichtungen sollten Bund, Länder und Kommunen mit konkreten Beispielen zeigen, dass öko-faire Beschaffung möglich ist. Pilot- und Leuchtturmprojekte bieten die Möglichkeit, in der Öffentlichkeit und in den Verwaltungen auf das Thema hinzuweisen und zu zeigen, wie öko-faire Beschaffung in der Praxis umgesetzt werden kann.

Bei der Umsetzung solcher Pilotprojekte ist es wichtig, dass die Vergaberichtlinien für die Beschaffung von Produkten aus dem Fairen Handel eine anspruchsvolle Definition von Fairem Handel verwenden, die über die Verpflichtung der Einhaltung der Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) hinausgeht, da diese eklatante Probleme, wie mangelnder Arbeitsschutz, unsichere Beschäftigungsverhältnisse und unzureichende Löhne nicht abdecken.

Menschen halten Schilder mit "Öko-faire Beschaffung zum Standard machen" hoch
Die Fair-Handels-Bewegung setzt sich für eine sowohl auf kommunaler als auch auf der Bundesebene für eine öko-faire öffentliche Beschaffung ein, wie hier beim Fairen Frühstück im Bundestag 2019.

Beispiele für Pilot- und Leuchtturmprojekte auf Landes- und kommunaler Ebene

  • In Berlin müssen bei der Schulverpflegung Bananen, Reis und Ananas aus Fairem Handel verwendet werden  Mehr erfahren

  • Nach Beratungen durch FEMNET hat die Stadt Karlsruhe erstmals soziale Kriterien verpflichtend bei der Beschaffung von Dienst- und Schutzbekleidung sowie Sicherheitsschuhen in die Eignungskriterien aufgenommen. Anbieter, die kein nachhaltiges Lieferkettenmanagement nachweisen konnten, wurden bei der letzten Ausschreibung nicht zugelassen. Mehr erfahren
  • Das Projekt "Beschaffung 4.0 – Weiterentwicklung der sozial verantwortlichen und ökologischen Beschaffung" in Bremen hat u.a. einen Fokus auf Bewirtung und Catering bei öffentlichen Sitzungen und Veranstaltungen.  Mehr erfahren
  • Mit dem "Pakt zur nachhaltigen Beschaffung in den Kommunen der Metropolregion Nürnberg" verpflichten sich 37 der rund 59 Fairtrade-Kommunen zu einer nachhaltigeren Beschaffungspraxis.  Mehr erfahren

Erfolgsfaktoren für öko-faire Beschaffung auf Landes- und kommunaler Ebene

Eine Grundlage, um öko-faire Beschaffung erfolgreich umsetzen zu können, ist ein klares Statement auf politischer Ebene, z.B. ein entsprechender Landtags- oder Ratsbeschluss. Dies zeigt den politischen Willen und stärkt den Beschaffungsverantwortlichen bei der Umsetzung den Rücken.

Darüber hinaus müssen den Beschaffungsverantwortlichen die notwendigen finanziellen Ressourcen und personelle Kapazitäten bereitgestellt werden. Je nach Produkt sind die Mehrkosten überschaubar!

Kostet Faire Beschaffung eigentlich mehr?

Die Verankerung sozialer bzw. nachhaltiger Kriterien in Ausschreibungen erhöht nicht zwangsläufig die Kosten. Denn es gilt, folgende Aspekte zu berücksichtigen:

  • den Lebenszyklus (Einkaufspreis, Betriebskosten, Wartung, Entsorgungskosten): Faire und ökologische Produkte sind oft sogar günstiger als konventionelle Produkte, denn sie sind oft langlebiger, qualitativ hochwertiger und energieeffizienter.
  • Öko-faire Produkte bilden die wahren Kosten ab: Bei menschenwürdigen und umweltverträglichen Produktionsbedingungen müssen, gegenüber konventioneller Produktion, weniger öffentliche Mittel zur Abfederung der negativen Effekte auf Umwelt und Gesellschaft ausgegeben werden, da diese bereits im Preis berücksichtigt sind.

Es ist wichtig, öko-faire Beschaffung mit vereinten Kräften anzugehen und Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft am Prozess zu beteiligen. Zudem müssen die Menschen, die an der Umsetzung beteiligt sind, unterstützt werden – zum Beispiel durch Beratung und Schulungen. Viele zivilgesellschaftliche Organisationen bieten entsprechende Beratungsangebote an (z.B. Femnet e.V., Christliche Initiative Romero). Darüber hinaus gibt es Netzwerke (z.B. Netzwerk Faire Beschaffung), in denen Beteiligte Erfahrungen austauschen können.

 

Kampagne Fairtrade-Towns

Um die Auseinandersetzung mit und die öffentliche Wahrnehmung der Themen Fairer Handel und öko-faire Beschaffung innerhalb der Kommunen zu fördern und zu stärken, haben Kommunen die Möglichkeit, sich an der Fairtrade Towns-Kampagne von TransFair zu beteiligen – mehr als 650 Kommunen und Städte sind bereits dabei. Darüber hinaus können sie am bundesweiten Wettbewerb „Hauptstadt des Fairen Handels“ teilnehmen.

Materialien

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