Symbolbild: Trockenes Feld

Klimagerechtigkeit

Die Klimakrise als größte Herausforderung unserer Zeit

Die Klimakrise ist allgegenwärtig. Dürren, Hitzesommer, Überschwemmungen: all das sind Anzeichen dafür, dass wir global gesehen schon lange die planetaren Grenzen überschritten haben.

Die Krise macht sich jedoch vor allem im Globalen Süden bemerkbar, also dort, wo sie am wenigsten verursacht wurde und wird. Die Klimakrise ist schon lange kein Zukunftsszenario mehr, denn sie findet bereits hier und jetzt statt. Und sie ist in ihren Auswirkungen zutiefst unfair.

Gerade im landwirtschaftlichen Bereich ist die Krise existenzbedrohend: Ackerflächen verdorren oder die Anbaugebiete für Produkte wie Kaffee müssen in immer höhere Lagen verlegt werden, um nur zwei Beispiele zu nennen. Es ist also klar, auch für den Fairen Handel ist Klimagerechtigkeit ein, wenn nicht das wichtigste aktuelle Thema, da sich in der Klimakrise die umwelt- und die menschenrechtliche Dimension verbinden.

Ansprechpartnerin
Silke Bölts

Die Auswirkungen der Klimakrise betreffen vor allem Menschen im Globalen Süden

Vor allem kleinbäuerliche Betriebe leiden unter den veränderten klimatischen Bedingungen. Regen- und Erntezeiten verschieben sich oder bleiben ganz aus. Schädlinge und Pflanzenkrankheiten treten verstärkt auf und ziehen die Produktivität der Pflanzen in Mitleidenschaft. Kleinbäuer*innen und ihre Familien, die von der landwirtschaftlichen Produktion abhängig sind, haben finanzielle Einbußen und ihre Existenz ist bedroht. Der Faire Handel arbeitet größtenteils mit kleinbäuerlichen Betrieben zusammen und viele Handelspartner des Fairen Handels kämpfen mit den Auswirkungen des Klimawandels: Trockenheit, Unwetter, steigende Temperaturen und Pilzkrankheiten erschweren die Arbeitsbedingungen und führen in konkreten Fällen zu Ernteverlusten von bis zu 90 %. Der Faire Handel unterstützt seine Partner bei der Bewältigung der Folgen des Klimawandels, u. a. mit Beratung bei der Umstellung auf klimaschonende und -angepasste Wirtschaftsweisen und mit finanzieller Unterstützung, z. B. für Aufforstungsmaßnahmen oder die Einführung erneuerbarer Energien. Der Faire Handel zeigt so, dass Handel zum Wohl von Menschen und Umwelt möglich ist.

Wir schließen die Ernte 2021/22 mit Verlusten zwischen 40 und 50 % bei der Zuckerrohrproduktion ab. Denn die schwere Dürre, die uns dieses Jahr zwischen Januar und März heimgesucht hat, fiel in die kritische Zeit, in der das Zuckerrohr normalerweise stark wächst.

Alicia Florentín, Manduvira Ltda. Paraguay

Keine Klimagerechtigkeit ohne Handelsgerechtigkeit

Unter diesem Slogan versammeln sich viele Fair-Handels-Akteure mit der klaren Ansage, dass der Faire Handel Teil der Lösung der Klimakrise ist. Gleichzeitig wird damit deutlich gemacht, dass die Maßnahmen im Fairen Handel auf einer ganzheitlichen Sicht der Klimakrise fußen und auf mehreren Ebenen stattfinden müssen.

Fair-Handels-Unternehmen in Deutschland

Am Standort Wuppertal versucht die GEPA – The Fair Trade Company möglichst klimaschonend zu arbeiten. Es gibt ein Jobradprogramm und der Fuhrpark wird auf Elektroautos umgestellt. Eine Stromtankstelle gibt es vor Ort ebenfalls. Das energieeffizient gebaute Bürogebäude hat ein begrüntes Dach, welches bei Starkregen Wasser zurückhält. Die Beleuchtung wird auf LED-Lampen umgestellt und der Öko-Strom dafür kommt aus einem hauseigenen mit Biomethan betriebenen Blockheizkraftwerk, welches gleichzeitig dafür sorgt, dass es in den Büros ausreichend warm ist. Überschüssiger Strom wird ins Netz eingespeist

Verpackung und des Transports: Segelfrachtschiff Avontuur

Im Bereich Transport arbeitet El Puente mit einem besonderen Leuchtturmprojekt zusammen. Das Segelfrachtschiff Avontuur bringt Kaffee aus Nicaragua fast ausschließlich per Windkraft nach Hamburg. Auch innerhalb Deutschlands wird klimaschonend und möglichst nachhaltig transportiert: Versendet wird mit Kartonagen aus Recycling- oder Graspapier und nahezu plastikfrei, da auch das Klebeband meistens ohne Kunststoff auskommt. Es werden biologisch abbaubare Folien verwendet und Plastik wird nur dort eingesetzt, wo es sich nicht vermeiden lässt.

Produktion und Erzeugung in den Partnerkooperativen: Agroforst in Burundi

Im Weltpartner-Projekt in Burundi werden Mikro-Agroforstsysteme und die Umstellung auf den ökologischen Landbau gefördert. 18 Genossenschaften von COCOCA pflanzen Schattenbäume, Bananenstauden und Obstbäume zwischen die Kaffeesträucher, um die Ernährungssicherheit der Kleinbauernfamilien zu erhöhen, zur Bodenfruchtbarkeit beizutragen und die Bodenerosion zu verringern.

Workshops vermitteln das nötige Know-How für eine dauerhafte Erhöhung der Erträge durch die Pflege der Agroforstsysteme, Kaffeesträucher und Anlage von Selbstversorgerkulturen. Ertragseinbußen von Schädlingen und Krankheiten sollen dadurch vermindert werden.

Klimaschutz in den Partnerländern

Auch in den Partnerländern wird auf eine möglichst klimaschonende Produktion geachtet, so stammen z. B. 86,5 Prozent der Produkte aus kontrolliert ökologischen Anbau. Allerdings liegt der Großteil der Verantwortung für Emissionseinsparungen nicht im Globalen Süden. Dieser hat vielmehr großen Bedarf, sich an das geänderte Klima anzupassen.

Gesellschaftliche und politische Ebene

Bildungs-, Kampagnen- und Advocacy-Arbeit zum Thema Klimagerechtigkeit ist ein zentraler Bestandteil der Arbeit des Fairen Handels. Im Jahr 2021 haben die Mitgliedsorganisationen der Europäischen Fair-Handels-Organisation EFTA gemeinsam die mehrjährige Kampagne „Climate Justice – Let’s do it Fair“ entwickelt und dazu eine Umfrage durchgeführt sowie Kampagnenmaterial in Form von Postern und Videos und einer Internetseite produziert. Bei der Fairen Woche – der größten Aktionswoche des Fairen Handel Handels in Deutschland – liegt der thematische Schwerpunkt 2023 und 2024 auf dem der Klimagerechtigkeit.

Was bedeutet Klimagerechtigkeit?

Klimagerechtigkeit ist ein politisches Konzept und bedeutet, die systemischen Ungerechtigkeiten zu beseitigen, die zur Klimakrise geführt haben.

Das Konzept wurde von Akteuren aus dem Globalen Süden etabliert. Bereits auf dem Weltgipfel für nachhaltige Entwicklung 2002 in Johannesburg (Südafrika) veröffentlichte eine Gruppe von Nichtregierungsorganisationen die Bali-Prinzipien der Klimagerechtigkeit, die vor allem auf die ungleichen Bedingungen und deren Konsequenzen eingehen und diese klar benennen.

Die Klimakrise ist gleich dreimal ungerecht: In der Verantwortung, in der Betroffenheit und in den Möglichkeiten, mit der Krise umzugehen.

Die Verursachenden und die Betroffenen der Klimakrise sind nicht dieselben: Während der Globale Norden für hohe historische und aktuelle Emissionen verantwortlich ist, spüren die Menschen im Globalen Norden die Auswirkungen der Klimakrise in der Regel noch nicht in dem Maße, wie viele Menschen im Globalen Süden. Und das, obwohl viele Länder des Globalen Südens nichts oder kaum etwas zur Erderhitzung beigetragen haben und in der Regel weiterhin niedrige Pro-Kopf-Emissionen aufweisen. Gleichzeitig leben wir in einer Zeit extremer globaler Ungleichheit, d. h. Länder im Globalen Süden verfügen in der Regel über weniger Mittel, sich an veränderte Klimabedingungen anzupassen, geschweige denn Schäden durch Extremwetterereignisse zu beheben.

Im Kampf für Klimagerechtigkeit ist es wichtig, Machtstrukturen zu ändern, damit Entscheidungsprozesse so gestaltet werden, dass sie keine Ungerechtigkeiten (re)produzieren. Das heißt auch: Die Menschen, die von einer Entscheidung betroffen sind, müssen in diesem Prozess beteiligt werden.

Klimagerechtigkeit herzustellen bedeutet also, die strukturellen Ursachen anzugehen, die zu dieser Krise geführt haben. Klar ist auch, dass dies nicht ohne eine grundlegende Transformation des bestehenden Wirtschafts- und Handelssystems geht. In diesen Transformationsschritten ist es auch wichtig, historische Ungerechtigkeiten wie den Kolonialismus in den Blick zu nehmen, dessen Folgen bis heute nachwirken und die Strukturen der Gegenwart prägen.

Um die Klimakrise abzuwenden und die UN-Nachhaltigkeitsziele umzusetzen, müssen wir unsere Art zu leben und zu wirtschaften grundlegend verändern. Dazu sind ambitionierte Klimaziele und gesetzliche Rahmenbedingungen erforderlich, die das Wohl von Menschen und Umwelt vor wirtschaftlichen Profit setzen, und nicht umgekehrt. Dafür bietet der Faire Handel viele konkrete und vor allem bewährte Instrumente.

Andrea Fütterer
Andrea Fütterer, Vorstandsvorsitzende des Forum Fairer Handel
Blog-Artikel

Die Konferenz hat die Abkehr von fossilen Energien eingeleitet. Bei Emissionseinsparung, Anpassung und Finanzierung bleibt aber noch viel zu tun.

Forderungen des Forum Fairer Handel: Wir brauchen mehr Klimagerechtigkeit

Die Klimakrise betrifft uns alle und gleichzeitig einige mehr als andere. Wir sind auch alle in unterschiedlichem Maße dafür verantwortlich.

Wir müssen die Klimakrise eindämmen und ihre Ungerechtigkeiten beseitigen. Der Faire Handel ist ein Teil der Lösung zur Bekämpfung der Klimakrise und zugrundeliegender Ungerechtigkeiten.

Gleichzeitig sind die Möglichkeiten des Fairen Handels alleine begrenzt. Es braucht systemischen Wandel, der durch politische Entscheidungen unterstützt werden kann.

Darum fordern wir:

  • Kleinbäuerliche Strukturen müssen weltweit erhalten werden. Denn sie sind durch die Klimakrise stark bedroht und bilden gleichzeitig einen wichtigen Baustein einer nachhaltigen und klimafreundlichen Landwirtschaft.
  • Der Faire Handel muss als strategischer Partner einer wirkungsvollen Entwicklungszusammenarbeit anerkannt und gefördert werden. Durch den Fairen Handel werden Kleinbäuer*innen befähigt und unterstützt, Klimaschutz- und Anpassungsmaßnahmen durchzuführen und ihre Lebens- und Produktionsgrundlagen zu erhalten. Auch bei klimakrisenbedingten Schäden und Verlusten hilft der Faire Handel. Langfristige, partnerschaftliche Handelsbeziehungen geben Sicherheit und Resilienz in Krisenseiten. Das haben insbesondere die durch das BMZ geförderten Soforthilfe- und Resilienz-Fonds für den Fairen Handel der letzten Jahre gezeigt. Deshalb sollten diese als Instrument der entwicklungspolitischen Zusammenarbeit weitergeführt und verstetigt werden.
  • Koloniale Ungerechtigkeiten aufarbeiten. Koloniale Ungerechtigkeiten müssen aufgearbeitet und deren Kontinuitäten behoben werden. Eine moderne Handelspolitik darf nicht auf neo-kolonialen Mustern basieren. Insbesondere bei neuen Kooperationen zu bspw. Wasserstoff muss das Wohl des Produktionslandes und die Berücksichtigung der Interessen aller lokaler Stakeholder an erster Stelle stehen.
  • Mehr Mittel für die internationale Klimafinanzierung. Die Bundesregierung muss mehr finanzielle Mittel für die internationale Klimafinanzierung bereitstellen. Deutschland muss seiner Verantwortung gerecht werden und darf wichtiges Vertrauen nicht verspielen. Die zugesagten 6 Milliarden Haushaltsmittel müssen in der aktuellen Verhandlungsrunde für den Haushaltsplan festgeschrieben werden. Indem fossile Subventionen, wie bspw. die teilweise kostenlose Zuteilung von Emissionszertifikaten auf EU-Ebene, gestrichen werden, entsteht neuer finanzieller Freiraum.
  • Zugang zu finanziellen Mitteln für Kooperativen. Internationale Finanzmechanismen, wie der Fonds für klimakrisenbedingte Schäden und Verluste, müssen so ausgestaltet werden, dass kleinbäuerliche Kooperativen und kleine Handwerksbetriebe Zugang zu finanziellen Mitteln erhalten, ohne dass große administrative Hürden anfallen.
  • Weniger Widerspruch in Klima- und Umweltschutzpolitik. Klimagerechtigkeit umfasst auch konsequenten und sozial ausgestalteten Klimaschutz zu Hause. Deutschland muss seine selbst gesetzten und gerichtlich eingeforderten Klimaverpflichtungen einhalten und internationalen Vereinbarungen zur Eindämmung der Klimakrise nachkommen.

Um glaubwürdig zu bleiben, muss Deutschland auch selbst einhalten, was es predigt. Es dürfen keine neuen Projekte zur Förderung fossiler Energien aufgesetzt werden. Dies gilt insbesondere für die Förderung fossiler Projekte im Ausland, wie z. B. Erdgas im Senegal oder auch in Inland, wie Gasbohrungen vor Borkum. Außerdem müssen bestehende Projekte zum Abbau fossiler Rohstoffe beendet werden, wie auch die Kohleabbaggerungen in Lützerath oder in der Lausitz.

Zudem muss Deutschland seiner Verantwortung für historische Treibhausgasemissionen gerecht werden und sein verbleibendes Emissionsbudget einhalten.

Verbraucher*innen fordern mehr Klimagerechtigkeit

Segelschiff Avontuur
Das Segelschiff Avontuur transportiert fair gehandelten und nahezu klimaneutralen "Segel-Kaffee" von Südamerika nach Deutschland
Publikationen zum Thema
Forum Fairer Handel (2022):

Fairer Handel und Klimagerechtigkeit

Forum Fairer Handel (2022):

Kompass Fairer Handel: Fairer Handel und Klimagerechtigkeit

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