Klimagerechtigkeit: Streit um Klimafinanzierung

Vom 05. bis 15. Juni 2023 fand in Bonn die UN-Klimakonferenz “SB58” statt, welche die große Weltklimakonferenz COP28 im Dezember in Dubai vorbereitet.

Knapp 200 Staaten und ihre Vertreter*innen verhandelten in diesen fast zwei Wochen über Klimafinanzierung, Emissionsminderung, Anpassung an die Klimakrise sowie aus der Klimakrise resultierende Schäden und Verluste. Ein Streit über die Tagesordnung der Konferenz drohte fast, die gesamten Verhandlungsergebnisse ungültig zu machen.

Mehr Klimafinanzierung benötigt

Auf der Bonner Konferenz wurde unter anderem über ein neues Klimafinanzierungsziel für die Zeit nach 2025 diskutiert. Hierzu wurden keine konkreten Entscheidungen getroffen, sodass die Verhandlungen auf der Klimakonferenz in Dubai fortgeführt werden. Klimafinanzierung ist nicht nur für das Ziel der Emissionsminderung, sondern auch für die Anpassung an den Klimawandel wichtig. Denn wenn rechtzeitig Anpassungsmaßnahmen vorgenommen werden, entstehen weniger Schäden und Verluste.

Letztlich sind Investitionen in Emissionsminderungsmaßnahmen die beste Verhinderung von Schäden und Verlusten. Gleichzeitig wurde in den letzten Jahrzehnten versäumt, rechtzeitig Emissionen zu reduzieren, sodass wir diejenigen jetzt nicht alleine lassen dürfen, die bereits heute Geld für Anpassungsmaßnahmen sowie klimakrisenbedingte Schäden und Verluste benötigen.

Schwierige Verhandlungen

Wie auch bei vergangenen Klimakonferenzen galt auch diesmal: Die Verhandlungsparteien müssen sich im Konsens auf einen abgestimmten Text einigen und deshalb Kompromisse eingehen. Die teils gegensätzlichen Positionen führen oft zu nur sehr kleinen Verhandlungsfortschritten: Während für die Länder des Globalen Nordens Emissionsminderungen das wichtigste sind, steht für viele Länder des Globalen Südens der unmittelbare Umgang mit Extremwetterereignissen, die Anpassung daran und der damit verbundene Finanzierungsbedarf im Vordergrund.
Dieser Interessensgegensatz schlug sich auch in einem Streit über die Tagesordnung der Konferenz nieder: Länder des Gobalen Nordens haben das Arbeitsprogramm zur Emissionsminderung auf die Tagesordnung der Bonner Konferenz gesetzt. Eine andere Ländergruppe wollte zusätzlich auch über die finanzielle Unterstützung von Ländern im Globalen Süden verhandeln. Beide Themen sind im Kampf gegen die Klimakrise wichtig. Doch in Bezug auf die Frage, wer die Emissionsreduktionen zahlen und wer sie durchführen muss, besteht ein großer Dissens. Der Streit um die Tagesordnung konnte schlussendlich erst am vorletzten Tag der Konferenz beigelegt werden, indem keines der beiden Themen in die offizielle Tagesordnung aufgenommen wurde. Dies gewährt einen traurigen Einblick in die komplexen und langsamen Mühlen der internationalen Konferenzdiplomatie.

Im Hintergrund steht dabei immer, dass fortbestehende koloniale Strukturen und Machtungleichgewichte es für viele Staaten im Globalen Süden schwerer machen, Gelder zu erhalten für z. B. Emissionsminderung oder Reparaturen von klimakrisenbedingten Schäden, obwohl sie nur zu einem kleineren Teil für die Klimakrise verantwortlich sind. Parallel zu den UN-Verhandlungen laufen Gespräche, wie die internationale Finanzarchitektur so umgestaltet wird, dass Klimafinanzierung einfacher wird und Länder des Globalen Südens bessere Chancen am globalen Finanzmarkt haben.

Gelder für klimakrisenbedingte Schäden und Verluste

Ein Fonds für diese Schäden und Verluste wurde bereits letztes Jahr auf der Klimakonferenz in Sharm el-Sheikh beschlossen. Nun gilt es, die Frage zu klären, wer einzahlt, wer das Geld erhält und wie der Auszahlungsmechanismus funktionieren soll. Auch hierzu wurden Gespräche in Bonn geführt, die in die Arbeit eines Übergangskomitees einfließen, welches in den kommenden Monaten bis zur COP28 noch mehrmals tagen wird.

Aus Fair-Handels-Sicht ist die Finanzierung von Schäden und Verlusten wichtig und der entsprechende Fonds sollte mit ausreichend Geld gefüllt werden, welches auch von Deutschland kommen muss. Das Geld sollte nicht nur an Staaten, sondern auch an zivilgesellschaftliche Organisationen ausgezahlt werden. Hierfür muss auch die Beantragung von kleineren Auszahlungssummen ermöglicht werden. Das Geld ist wichtig, um mit klimakrisenbedingten Schäden und Verlusten zurechtzukommen. Denn bereits jetzt leiden diejenigen am meisten unter den Folgen der Klimakrise, die am wenigsten dazu beigetragen haben. Dazu zählen auch Kleinbäuer*innen, welche stark von Umweltbedingungen abhängen, weil sie etwa regenwassergespeiste Landwirtschaft betreiben.

Globale Bestandsaufnahme der Klimaschutzbemühungen

Des Weiteren stand in Bonn der sogenannte “Global Stocktake” auf der Agenda: Diese Globale Bestandsaufnahme der weltweiten Klimaschutzbemühungen wird in diesem Jahr das erste Mal durchgeführt und soll für die Klimakonferenz in Dubai im Dezember Erkenntnisse dazu liefern, inwiefern die globalen Anstrengungen zur Eindämmung der Klimakrise ausreichen, um die 1,5°C-Grenze einzuhalten. Die bereits jetzt absehbar riesige Klimaschutzlücke soll dann, wenn schriftlich und offiziell festgestellt, zu stärkeren Klimaschutzbemühungen führen.

Visa-Probleme erschwerten Teilnahme von Aktivist*innen aus dem Globalen Süden
Wie auch in den vergangenen Jahren wurden viele Repräsentant*innen aus Ländern des Globalen Südens an der Ausübung ihrer politischen Stimme gehindert. Denn viele von ihnen haben kein Visum für Deutschland erhalten, obwohl sie offiziell von den Vereinten Nationen für die Klimakonferenz akkreditiert waren. Hier ist das Auswärtige Amt in der Pflicht, die Konferenzteilnahme nicht bspw. an fehlenden Botschaftsterminen scheitern zu lassen. Denn die Teilnahme einer vielfältigen Zivilgesellschaft bei den Klimakonferenzen ist wichtig, um den Druck auf die Verhandlungen zu erhöhen. Denn während in gut klimatisierten Räumen über Verhandlungstexte gestritten wird, sterben woanders Menschen an Dürren, Hitzewellen oder Waldbränden. Generell gilt: Gerechte Wege aus der Klimakrise sind nur mit gerechter Mitbestimmung möglich. Das gehört zwingend zur Umsetzung von Klimagerechtigkeit.

Blick auf die nächste Weltklimakonferenz COP28

Nach den Verhandlungen in Bonn richtet die Zivilgesellschaft den Blick auf die große Weltklimakonferenz COP28 in Dubai im Dezember. Menschenrechte, Demonstrations- und Meinungsfreiheit müssen dort gewährleistet werden, was auf vergangenen Konferenzen nicht immer der Fall war. Da der kommende Konferenzpräsident der Vereinigten Arabischen Emirate gleichzeitig auch Chef des staatlichen Ölkonzerns ist, steht die Neutralität und der Gestaltungswille der Verhandlungsleitung bereits jetzt unter besonderer Beobachtung. Die Gespräche zum Ausstieg aus den fossilen Energien und zur Klimafinanzierung werden voraussichtlich in Dubai auf der Tagesordnung stehen, nachdem sich die Verhandlungsgemeinschaft nicht auf diese Punkte einigen konnte. Das Ergebnis des Global Stocktake wird besprochen (s. o.) und ein Übergangskomitee zur Ausarbeitung der Struktur eines Fonds für Schäden und Verluste wird seine Arbeitsergebnisse präsentieren.

Deutsche Bundesregierung muss liefern

Die deutsche Bundesregierung muss bis dahin noch ihre Hausaufgaben machen: Durch die Abschaffung fossiler Subventionen werden Gelder frei für Klimagerechtigkeitsmaßnahmen, sowohl innerhalb Deutschlands als auch für die Unterstützung von Ländern des Globalen Südens bei der Bewältigung von Klimakrisenfolgen. Mit dem zügigen Ausbau von erneuerbaren Energien müssen Energieeffizienzmaßnahmen und ein Förderungsstopp fossiler Energien im In- und Ausland einhergehen. Gleichzeitig muss die zivilgesellschaftliche Meinungsäußerung und Demonstrationsfreiheit sowohl in Deutschland als auch in Dubai gewahrt bleiben.

Fazit

Gespräche auf internationaler Ebene sind natürlich wichtig, gehen aber viel zu langsam. In den Verhandlungsregeln ist festgelegt, dass Entscheidungen im Konsens aller fast 200 Staaten getroffen werden müssen. Einstimmigkeit ist natürlich schön, aber macht die Verhandlungen bei so gegensätzlichen Interessenlagen nicht einfacher. Während wir die Gespräche im Rahmen der Vereinten Nationen nicht lassen dürfen, ist es umso wichtiger, dass die Nationalstaaten parallel zu Hause politischen Willen zeigen und ambitionierten Klimaschutz umsetzen. Denn letztlich sind UN-Entscheidungen auch die Summe der Stimmen der verschiedenen Länder. Hierfür ist eine laute, geeinte und aktive Zivilgesellschaft notwendig, um gesamtgesellschaftliche Unterstützung für Klimaschutzmaßnahmen zu mobilisieren. Zivilgesellschaftliche Räume dürfen aber politisch nicht schrumpfen. Dies ist jedoch leider immer öfter der Fall, wenn klimapolitische Aktivist*innen diffamiert und schikaniert werden. In vielen Ländern bleiben den Aktivist*innen Menschenrechte wie Meinungs- und Versammlungsfreiheit verwehrt. Umso wichtiger ist es, für Klimagerechtigkeit dort einzustehen, wo diese Räume für politische Mitbestimmung noch bestehen.

Als Forum Fairer Handel verstehen wir uns als Teil dieser aktiven und politischen Zivilgesellschaft und verfolgen deshalb die Entwicklungen der nationalen und internationalen Klimapolitik weiter und setzen uns für Klimagerechtigkeit ein.

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