Kaffee ist das Lieblingsgetränk in Deutschland. Doch obwohl der Kaffeekonsum sowohl hierzulande und weltweit steigt, erhalten die etwa 125 Millionen Menschen, die in den Anbauländern in der Produktion und Verarbeitung von Rohkaffee beschäftigt sind, häufig Löhne und Einkommen unterhalb eines existenzsichernden Niveaus. Die mehrheitlich kleinbäuerlichen Kaffeeproduzent*innen können mit dem Kaffeeanbau ihren Lebensunterhalt immer schlechter bestreiten, da sie durch Klimawandel, volatile Kaffeepreise, Marktkonzentration sowie stark gestiegene Produktionskosten unter wirtschaftlichen Druck geraten. In Kolumbien erhalten beispielsweise 75 Prozent der Kaffeebäuer*innen mit weniger als fünf Hektar Anbaufläche kein existenzsicherndes Einkommen. 44 Prozent leben sogar unterhalb der Armutsgrenze.
Ungleiche Verteilung der Wertschöpfung in der Kaffeelieferkette
Während viele Kaffeebäuer*innen kein existenzsicherndes Einkommen erwirtschaften, machen große Kaffeeunternehmen, wie beispielsweise Starbucks oder Lavazza, hohe Gewinne. Nur ungefähr zehn Prozent der im weltweiten Kaffeemarkt erwirtschafteten Einnahmen bleiben in den Ursprungsländern, während dieser Anteil vor 30 Jahren noch bei 30 Prozent lag.
Machtkonzentration im Kaffeehandel
Es ist zu erwarten, dass zukünftig die ungleiche Verteilung der Einnahmen und Gewinne zwischen Kaffeeanbau- und Importländern sogar noch steigen wird. Denn multinationale Lebensmittelgiganten und weltweit tätige Investitionsfonds investierten mit Blick auf die steigende Nachfrage Milliarden, um sich durch Übernahmen und Fusionen in neuen, lukrativen Märkten zu positionieren. So war bei den einzelnen Akteuren des weltweiten Kaffeemarktes in den letzten Jahrzehnten eine enorme Marktkonzentration zu beobachten. Nur fünf Handelshäuser kontrollieren etwa 50 Prozent des weltweiten Rohkaffeehandels und lediglich zehn Röstereien produzieren circa 35 Prozent des weltweit gerösteten Kaffees. Am Ende der Kette stehen in Deutschland fünf große Lebensmitteleinzelhändler, die knapp 79 Prozent des nationalen Lebensmittelhandels kontrollieren.
Unlautere Handelspraktiken der Marktriesen
Die oligopolistischen Marktstrukturen gehen zu Lasten der Kaffeebäuer*innen. Lebensmitteleinzelhandelsunternehmen in Deutschland, welche selbst unter einem ausgeprägten Wettbewerb stehen, nutzen ihre Marktmacht häufig aus, um möglichst viele Kosten an ihre Lieferanten auszulagern und zur Übernahme von Kosten zu zwingen, die sie eigentlich selbst tragen müssten. Der dadurch entstehende Kostendruck wird, wo möglich, in der Lieferkette nach unten abgegeben – zu Lasten der strukturell schwächsten Glieder in der Kette, den Kaffeebäuer*innen und Erntehelfer*innen. Kaffeehändler missbrauchen ihre strukturellen Vorteile und Verhandlungsmacht gegenüber Kaffeekooperativen und - bäuer*innen, indem sie beispielsweise extrem lange Zahlungsfristen einfordern oder ihnen nachteilige Geschäfte aufdrängen.
Volatiler Weltmarktpreis zu Lasten von Kleinbäuer*innen
Durch die oligopolistische Struktur auf der Käuferseite werden kleinbäuerliche Familien in die Rolle des Preisnehmers gedrängt. Im Massenmarkt sind sie gezwungen, ihren Kaffee zu den Bedingungen ihrer Käufer zu veräußern. Dabei ist der Kaffeeweltmarktpreis hoch volatil. Im Gegensatz zu kapitalstarken Unternehmen können sich kleinbäuerliche Kaffeeproduzent*innen nicht mit Finanzmarktinstrumenten gegen Preisschwankungen absichern und sind dieser Volatilität meist schutzlos ausgesetzt.