Die Europäische Kommission hat ihr Vorhaben, Unternehmen zu mehr Schutz von Menschenrechten und Umweltstandards in ihren Lieferketten zu verpflichten, ohne Angabe von Gründen vertagt. Der ursprünglich für Juni 2021 geplante Entwurf für ein EU-Lieferkettengesetz verschiebt sich damit bereits zum dritten Mal. In einem offenen Brief rufen die Initiative Lieferkettengesetz und zahlreiche weitere zivilgesellschaftliche Organisationen aus ganz Europa – darunter das Fair Trade Advocacy Office (FTAO) – Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen dazu auf, sich hinter das EU-Lieferkettengesetz zu stellen und den Prozess transparenter zu gestalten.
Die Entwicklungen in Brüssel sind beunruhigend: Ohne ein Gesetz tun europäische Unternehmen viel zu wenig für Umwelt und Menschenrechte. Mit einem starken europäischen Lieferkettengesetz könnte die EU als zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt ein globales Zeichen setzen, von dem weltweit Menschen profitieren. Dafür sollte sich Ursula von der Leyen einsetzen.
In dem offenen Brief an Kommissionspräsidentin von der Leyen zeigen sich die unterzeichnenden Organisationen zutiefst beunruhigt über das Vorgehen der EU-Kommission. Diese habe den Entwurf in einem intransparenten Prozess ohne Angabe von Gründen und ohne klaren weiteren Zeitplan verschoben. Erfahren habe man davon erst aus den Medien.
In den Niederlanden zog der Außenhandelsminister Tom de Bruijn bereits Konsequenzen aus der neuerlichen Verschiebung des EU-Lieferkettengesetzes. Um keine weitere Zeit zu verlieren, will er nun ein eigenes niederländisches Lieferkettengesetz ausarbeiten.
In Deutschland haben SPD, Grüne und FDP im Koalitionsvertrag ihre Unterstützung für ein wirksames EU-Lieferkettengesetz betont, das auf den UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte basieren soll. Aus diesen geht hervor, dass die Sorgfaltspflichten von Unternehmen die gesamte Lieferkette von der Rohstoffgewinnung bis zur Entsorgung betreffen. Außerdem unterstreichen die UN-Leitprinzipien das Recht von Betroffenen auf Wiedergutmachung, wenn sie Menschenrechtsverletzungen erlitten haben.
Wir fordern die neue Bundesregierung, die heute vereidigt wird, dazu auf, ihren Worten im Koalitionsvertrag nun schnell Taten folgen zu lassen!
Die Initiative Lieferkettengesetz ist ein Zusammenschluss von mehr als 125 zivilgesellschaftlichen Organisationen, darunter das Forum Fairer Handel sowie zahlreichen weiteren Menschenrechts-, Entwicklungs- und Umweltorganisationen sowie Gewerkschaften und kirchlichen Akteuren. Gemeinsam setzen sie sich für ein europäisches Lieferkettengesetz ein.
Die aktuelle Umfrage über die Zustimmung der europäischen Bevölkerung zu einem EU-Lieferkettengesetz finden Sie hier.