Weltklimakonferenz COP29: Schlechte Nachrichten für Klimagerechtigkeit

Foto: Timon Steger

Autorin
Silke Bölts
Referentin für Klimapolitik und Fairen Handel

Die UN-Klimakonferenz endete verspätet letzten Sonntag in Baku, Aserbaidschan. Zivilgesellschaftliche Proteste machten Druck für die Belange von vulnerablen Gruppen. Die Annahme der Konferenzdokumente wird als Erfolg gefeiert. Jedoch liegen sie weit hinter dem Notwendigen zurück.

Nach zwei Wochen intensiver Konferenzzeit sind die Delegierten müde und erschöpft wieder nach Hause gefahren. Die Verhandlungen waren zäh und der Druck hoch. Die Vorbedingungen der Konferenz waren denkbar schlecht: Zum einen wurde Donald Trump in den USA als bekannter Klimawandelleugner erneut gewählt. Zum anderen wurde die Konferenz von einer Präsidentschaft geleitet, die sowohl Menschenrechte im eigenen Land missachtet als auch darüber hinaus stark von fossilem Öl wirtschaftlich abhängig ist. 

Neues Klimafinanzierungsziel bleibt weit hinter dem Notwendigen zurück 

Die Vertreter*innen der deutschen Zivilgesellschaft waren mit hohen Erwartungen an die Ziele und Teilnehmenden der Konferenz angereist. 

Ein Kernziel der diesjährigen COP war die Ablösung des alten Finanzziels von 100 Milliarden US-Dollar pro Jahr (von 2020 bis einschließlich 2025), welches von einem neuen abgelöst werden musste. Nachdem die bisherigen Versprechen von den Ländern des Globalen Nordens kaum eingehalten wurden, war eine dem Finanzierungsbedarf entsprechende Einigung nun umso dringender. 

Das Ergebnis: Die Delegierten verständigten sich auf ein neues Ziel von 300 Milliarden US-Dollar pro Jahr, das erstmals 2035 erreicht werden muss - inflationsbereinigt ist diese Summe allerdings nicht viel höher als vorher. Gleichzeitig liegt der errechnete und von den Ländern des Globalen Südens geforderte Bedarf um eine Billion Dollar höher. 

Zusätzlich gibt es bei der neu vereinbarten Summe keine Unterziele, weder für die Anpassung an den Klimawandel oder klimakrisenbedingte Schäden und Verluste, noch für Ländergruppen, wie z.B. Inselstaaten oder die am meisten vulnerablen Ländergruppen. 

Problematisch ist darüber hinaus Folgendes:  Die 300 Mrd. müssen erst in zehn Jahren erreicht werden. Bis dahin gibt es keine verpflichtende Steigerung. Rechnet man die Inflation mit ein, müsste man 2030 bereits 368 Mrd. US-Dollar zahlen, um einen Wertverlust zu vermeiden. 

Außerdem fehlen Standards für die Klimafinanzierung: Es hätte eine feste Summe für Zuschüsse vereinbart werden müssen. Nun können auch Kredite zu Marktkonditionen oder Exportkredite mit in die Klimafinanzierung eingerechnet werden, was die Verschuldung vieler Länder weiter erhöht. 

Timon Steger, Beobachter der Klimakonferenz und Mitglied der Finanz-Arbeitsgruppe der Jugendvertretung YOUNGO sagt: 

“Der Globale Norden versucht hier historische Verantwortung umzudrehen: Im Pariser Abkommen hat man erreicht, dass Emissionsminderung zur Aufgabe aller wird. Der Deal war, dass der Globale Norden die dafür nötige finanzielle Unterstützung leistet, da er die historische Verantwortung für die Klimakrise trägt. Jetzt wurde der Text so sehr verwässert, dass es keine klare Verpflichtung gibt, als Staat des Globalen Norden öffentliche Gelder in die Klimafinanzierung zu stecken. Das finde ich persönlich einen krassen Eklat und es führt wirklich alle Ideen der Gerechtigkeit ad absurdum.”

Die deutsche Bundesregierung beispielsweise hat viele Handlungsoptionen bei der internationalen Klimafinanzierung: Dazu zählen Steuern und Abgaben für fossile Unternehmen oder Einnahmen aus dem Emissionshandel. Deutschland könnte schon im kommenden Jahr 18 Milliarden Euro öffentliche Mittel für die Klimafinanzierung aufbringen. 

“Ich weigere mich, eine Zukunft zu akzeptieren, in der Töchter wie ich Jahr für Jahr auf einen anderen Kontinent reisen müssen, um für Klimaschutzmaßnahmen zu betteln.”

Nafeesa Baloch, junge Klimaaktivistin aus Belutschistan in Pakistan

Unzureichende Verhandlungsergebnisse haben reale Folgen 

Die Klimakrise trifft Kleinbäuer*innen weltweit, also auch Handelspartner*innen des Fairen Handels. Immer häufiger gibt es Dürren, Überschwemmungen oder starke Stürme, welche die Landwirtschaft erschweren. Marginalisierte Gruppen haben oft wenig Ressourcen, um sich an die Klimakrise anzupassen oder klimabedingte Verluste zu kompensieren. Es braucht mehr Klimafinanzierung für Anpassungsmaßnahmen oder die Reparatur von Schäden. Genau deshalb wäre es wichtig gewesen, dass sich die Staatengemeinschaft auf ein höheres und stärker verbindliches Klimafinanzierungs-Ziel geeinigt hätte. Finanzmittel müssen außerdem passend auf Kleinbäuer*innen zugeschnitten und unbürokratisch zu beantragen sein. Hier ist noch viel Luft nach oben!

Nafeesa Baloch, junge Klima-Aktivistin aus Belutschistan in Pakistan, reagiert auf das COP-Ergebnis und stellt Forderungen an die Länder des Globalen Nordens: “Ich bin extrem enttäuscht über das Ergebnis der COP29. Dieses Jahr war für mich besonders hart, da ich mein eigenes Haus durch Überschwemmungen verloren habe. Für mich geht es bei der Klimakrise nicht nur um Zahlen oder politische Maßnahmen - es ist eine persönliche Angelegenheit. Die Zusage von 300 Milliarden US-Dollar ist ein Tropfen auf den heißen Stein im Vergleich zu den Billionen, die zur Bekämpfung der Klimakrise benötigt werden. Ich weigere mich, eine Zukunft zu akzeptieren, in der Töchter wie ich Jahr für Jahr auf einen anderen Kontinent reisen müssen, um für Klimaschutzmaßnahmen zu betteln. Wir, die indigene Jugend, werden uns nicht zum Schweigen bringen lassen. Wir werden die Staats- und Regierungschef*innen der Länder im Globalen Norden für ihre Untätigkeit zur Rechenschaft ziehen und verlangen, dass sie sofortige, konkrete Schritte zur Bewältigung der Klimakrise unternehmen.”

Weitere Ergebnisse mit gemischten Gefühlen 

Der Verhandlungsstrang zur Emissionsminderung (Mitigation) wurde sogar auf die nächste Zwischenkonferenz im Juni in Bonn vertagt. In den verabschiedeten Erklärungen der Konferenz steht kein neues Bekenntnis zum Ende der fossilen Energien - was aber eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein müsste. Es gab Beschlüsse zu Kohlenstoffmärkten, die jetzt den Handel mit CO2-Zertifikaten erlauben - hier könnte es aber zu Schlupflöchern kommen, sodass nichts für den Klimaschutz gewonnen wäre. Das Arbeitsprogramm zum Thema Gender wurde zwar um zehn Jahre verlängert, aber eine Erwähnung zu Diversität und Intersektionalität leider aus dem Gender-Beschlusstext wieder herausgestrichen.

Unzureichende Ergebnisse - ein Auftrag für noch mehr Engagement! 

So zäh, kompliziert, frustrierend und langsam die Weltklimakonferenzen auch sind, das Format der COP nicht optimal ist und die Verhandlungen immer in geopolitische Dynamiken eingebunden sind - die Konferenzen sind gleichzeitig auch der einzige Ort, an dem so gut wie alle Länder gemeinsam über das Klima sprechen. 

Klimakonferenzen wirken - ohne sie lägen wir bei einer noch stärkeren Temperaturerhöhung! Aber wir können nicht nur darauf setzen, dass die COP das Klima alleine rettet. Zwischen den Klimakonferenzen gibt es 50 Wochen Zeit für zivilgesellschaftliches Engagement auf nationaler Ebene. Machen wir unseren Bundestagsabgeordneten, unserer Regierung, den Mitarbeiter*innen in den Ministerien oder auch unseren Bürgermeister*innen klar: Die demokratische Zivilgesellschaft fordert konsequentes Handeln für Klimagerechtigkeit ein! 

Wir haben viele Möglichkeiten, uns für Klimagerechtigkeit zu engagieren. Eine davon ist zum Beispiel auch, den Fairen Handel zu unterstützen. Wir können uns außerdem weiter informieren, uns für die Kampagnen junger Klima-Aktivistinnen interessieren (siehe Infobox unten) sowie uns in Gruppen zusammenschließen und gemeinsame Aktionen starten, z.B. im Rahmen von Klimastreiks und gegen fossile Energien. Gelegenheit dazu gibt es zum Beispiel bei Veranstaltungen und einer Demonstration gegen die fossile Gaswirtschaft vom 8. bis 10. Dezember in Berlin. 

Zum Weiterlesen

Folgende junge Klimaaktivistinnen berichten auf Instagram über ihre Kampagnen: 

  • @patiencenabukalu zu #stopeacop Gegen den Bau der Ostafrikanischen Rohölleitung 
  • @Rahmina_Paullete u.a. zur Fossil Fuel Non-Proliferation Treaty-Initiative 
  • @http.nafeesa zu Klima- und Menschenrechtsaktivismus junger Menschen in Belutschistan

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