Evelyn Bahn arbeitet als Referentin für Wirtschaft und Menschenrechte beim INKOTA-netzwerk. Sie vertritt die Zivilgesellschaft im Vorstand des Forum Nachhaltiger Kakao und leitet die AG Nachhaltigkeit und Unter-AG Monitoring.
Die Gründung des Forum Nachhaltiger Kakao (FNK) im Jahr 2012 war der Startschuss für eine der ersten deutschen Multi-Stakeholder-Initiativen zu entwicklungspolitischen und ökologischen Problemen in globalen Agrarlieferketten. Unternehmen der Kakao- und Schokoladenindustrie, Einzelhandelsunternehmen, standardsetzende Organisationen, wissenschaftliche Institute, Nichtregierungsorganisationen und zwei Bundesministerien einigten sich darauf, mit dem Forum drei Ziele zu verfolgen:
- die Lebensumstände der Kakaobauern und -bäuerinnen und ihrer Familien zu verbessern und zu einem gesicherten Lebensunterhalt beizutragen;
- die natürlichen Ressourcen und die Biodiversität in den Anbauländern zu schonen und zu erhalten;
- den Anbau und die Vermarktung nachhaltig erzeugten Kakaos zu erhöhen.
Als einzig quantifizierbares Ziel verständigten sich die Akteure bei der Gründung der Initiative darauf, bis zum Jahr 2020 den Anteil zertifizierten Kakaos in deutschen Süßwaren auf 50 % zu erhöhen. In den folgenden Jahren konnte das Forum jährlich erhebliche Zuwächse an zertifiziertem Kakao verkünden und so war das selbstgesteckte Ziel im Hinblick auf Zertifizierung schnell erreicht. Die Zielmarke wurde im Jahr 2017 angepasst und die Forums-Mitglieder streben nun einen Anteil an zertifiziertem Kakao von 85 % bis zum Jahr 2025 an.
Zertifizierung allein löst Herausforderungen im Kakaosektor nicht
Zeitgleich zur Anpassung der Zielmarke wurden Stimmen lauter, die betonten, dass zwar die Vermarktung des zertifizierten Kakaos erfolgreich vorangetrieben wird, sich im Hinblick auf die beiden anderen übergeordneten Ziele (siehe oben) allerdings kaum Erfolge abzeichnen. Denn trotz steigenden Anteils an zertifiziertem Kakao und der Ausweitung von Unternehmensprogrammen, wie zum Beispiel Cocoa Life von Mondelez oder Cocoa Farming von Lindt&Sprüngli, wurde insbesondere im Hinblick auf die Armutsrate unter Kakaobauern und -bäuerinnen sowie dem Erhalt von Wäldern kaum etwas erreicht. Selbst das Forums-Mitglied Fairtrade Deutschland, das das wohl bekannteste Nachhhaltigkeitssiegel vergibt, schlug Alarm: Eine 2018 veröffentlichte Studie zur Einkommenssituation von Fairtrade-zertifizierten Kakaoproduzent*innen im Hauptanbauland Côte d’Ivoire zeigt, dass fast 60 % der erreichten Menschen in extremer Armut leben. Nur 12 % der Kakaoproduzent*innen im Fairtrade-System verfügen demnach über ein existenzsicherndes Einkommen. Das durchschnittliche Haushaltseinkommen beträgt laut Untersuchung nur 37 % dessen, was für ein existenzsicherndes Einkommen in den ländlichen Gebieten der Côte d‘Ivoire erforderlich ist. Darüber hinaus kam 2019 eine Studie der University of Chicago zu dem Ergebnis, dass noch immer rund 1,5 Millionen Kinder unter verbotenen Bedingungen auf Kakaofarmen allein in Ghana und der Côte d’Ivoire arbeiten. Auch im Hinblick auf das Ziel zur Schonung und des Erhalts der natürlichen Ressourcen und der Biodiversität wurden kaum Fortschritte erzielt. Die Regenwaldzerstörung in den westafrikanischen Ländern schreitet weiter vor – wenn auch verlangsamt. Gleichzeitig nimmt der Einsatz von Pestiziden und chemischen Düngemitteln stetig zu und bedroht die Biodiversität. Damit war fünf Jahre nach der Gründung des Forums Nachhaltiger Kakao vielen Mitgliedern klar, dass allein über Zertifizierung die Herausforderungen im Kakaosektor nicht gelöst werden können.
Forum Nachhaltiger Kakao entwickelt konkrete Handlungsempfehlungen
In einem partizipativen Prozess, an dem Vertreter*innen aller beteiligten Akteursgruppen teilnahmen, wurden daraufhin die Nachhaltigkeitsdefinition, Einzelziele und Handlungsempfehlungen (siehe Anhang 4/Seite 55, Monitoringbericht) des Forums diskutiert und neu definiert. Neben dem Indikator zum Anteil zertifizierten Kakaos wurden weitere wert- und zeitbestückte Indikatoren identifiziert. Diese Indikatoren konkretisieren sehr deutlich, wie und in welchem Zeitrahmen die Mitglieder des Kakaoforums die gemeinsam entwickelten Handlungsempfehlungen umsetzen und zu den Zielen beitragen sollen. An dieser Stelle seien einige Beispiele genannt (vollständige Liste der Indikatoren im Anhang 5 Seite 61, Monitoringbericht):
- Bis Ende 2025 soll 85 % des von den Mitgliedern des Forums Nachhaltiger Kakao in Deutschland gekauften/verarbeiteten Kakaos entwaldungsfrei sein.
- Bis Ende 2025 sollen 100 % der Haushalte in den Projekten/Programmen der Mitglieder des FNK von einer Strategie oder einem System zur Prävention, Kontrolle, Monitoring und Behebung der schlimmsten Formen der Kinderarbeit erfasst werden.
- Bis 2023 berichten Mitglieder mit Projekten/Programmen über die Entwicklung des Haushaltseinkommens in Relation zum Benchmark für existenzsichernde Einkommen.
- Bis 2025 implementieren alle Mitglieder menschenrechtliche und umweltbezogene Sorgfaltspflichten.
Dieser Prozess kann als wichtiger Schritt für die Multi-Stakeholder-Initiative bewertet werden und verdeutlicht die grundsätzliche Bereitschaft der Mitglieder, Maßnahmen entsprechend aktueller Erkenntnisse stetig weiterzuentwickeln und Strategien für die Zielerreichung anzupassen. Selbstverständlich ist Papier geduldig und es bleibt abzuwarten, ob die entwickelten Handlungsempfehlungen auch umgesetzt werden. Ein jährlicher Monitoringbericht soll die Beiträge der Mitglieder sichtbar machen, aber auch die Lücken aufzeigen und den gemeinsamen Lernprozess befördern.
Datenlage des ersten Monitoringberichts noch unzureichend
Ein erster Monitoringbericht, basierend auf Daten von 2020, wurde im September 2021 veröffentlicht. Für die Erstellung des Berichts wurden alle Mitglieder gebeten, einen umfassenden Fragebogen zu ihrer Lieferkette und zu Nachhaltigkeitsprojekten und -programmen auszufüllen. Die gewonnenen Daten wurden von einem externen Consultingunternehmen ausgewertet. Der Monitoringbericht soll anhand der eingereichten Daten der Mitglieder analysieren, welche Fortschritte im Hinblick auf die zwölf Einzelziele des Forums Nachhaltiger Kakao erreicht werden. Da es sich um einen ersten Bericht handelt, kann eine Entwicklung noch nicht abgelesen werden. Der Bericht stellt allenfalls eine erste Bestandsaufnahme dar.
Aber auch diese Bestandsaufnahme muss mit Vorsicht betrachtet werden, denn u.a. folgende Punkte schränken die Aussagekraft des Monitoringberichts ein:
- Die Daten aus dem Monitoringbericht beziehen sich ausschließlich auf die Selbstauskunft der Mitglieder und eine Verifizierung kann nicht geleistet werden.
- Aufgrund kartellrechtlicher Bedenken einiger privatwirtschaftlicher Mitglieder werden alle Daten bislang nur aggregiert veröffentlicht. Es ist für Mitglieder der Zivilgesellschaft nicht möglich, Einblick in die Daten einzelner Unternehmen zu erhalten und eine Verifizierung oder Einordnung der Qualität der Daten ist nicht möglich.
- Mitglieder, die in mehr als in einem Land Projekte umsetzen oder Kakao beziehen, konnten länderübergreifend aggregiert berichten. Dies ermöglicht es nicht, länderspezifische Lernerfahrungen abzuleiten.
- Die Teilnahme an der Unternehmensbefragung ist bislang nicht verpflichtend. Insgesamt haben sich 44 der 70 Mitglieder des Forum Nachhaltiger Kakao beteiligt (63 %). Aus der Gruppe der Industrie haben sich 57 % der Mitglieder beteiligt, vom Handel 100 %, von der Zivilgesellschaft 61 % und von der Bundesregierung 100 %. Während das Forum Nachhaltiger Kakao insgesamt rund 80 % des Kakao-, Schokoladen- und Süßwarenmarktes abdeckt, wird der Gesamtanteil des in diesem Bericht erfassten deutschen Konsummarkts lediglich auf 35 % geschätzt.
- Nicht alle Unternehmen haben zu allen Fragen geantwortet. Zu einigen Zielen und Indikatoren ist die Datenlage somit in diesem ersten Monitoringbericht stark eingeschränkt.
- Einige Fragen waren nicht präzise genug formuliert und boten Raum für unterschiedliche Berechnungs- und Beurteilungsmethoden. Damit sind bestimmte Angaben zwischen Mitgliedern nicht vergleichbar.
- Bei vielen abgefragten Daten handelt es sich um so genannte "Performance-Indikatoren", die erfassen, welche Maßnahmen umgesetzt werden. Diese sagen noch nichts über die Wirkung der Maßnahmen aus. Es ist zu begrüßen, dass sich die Mitglieder darauf verständigt haben, zu speziellen Themen – wie beispielsweise zur Entwicklung von Haushaltseinkommen in den Hauptkakaoanbauregionen – übergreifende Wirkungsstudien durchzuführen.
Die genannten Einschränkungen werden von den Mitgliedern des Forums Nachhaltiger Kakao ernst genommen und in einer Arbeitsgruppe mit Vertreter*innen der verschiedenen Akteursgruppen sollen sowohl der Fragebogen als auch Details zur Datenerhebung bis zur nächsten Monitoringrunde 2022 weiterentwickelt werden.
Teilnahme am Monitoring zukünftig Voraussetzung für Mitgliedschaft?
Deutlich wird allerdings, dass ohne die Bereitschaft der einzelnen Mitglieder, transparent über das eigene Engagement zu berichten und damit zu gemeinsamen Lernerfahrungen beizutragen, zukünftige Berichte die gewünschte Wirkung nicht entfalten werden können. Nur durch eine breite Teilnahme können alle gemeinsam lernen, welche Maßnahmen tatsächlich zur Zielerreichung beitragen und wo es Anpassungen in der Strategie geben muss. Der Austausch sowohl zu "Best-Practice-Beispielen" als auch zu Herausforderungen und Schwierigkeiten ist wesentlich, damit Fehler nicht unnötig wiederholt werden und erfolgreiche Strategien auch in anderen Regionen angewandt werden. Von Seiten der Zivilgesellschaft wurde deshalb vorgeschlagen, dass eine umfassende Beteiligung an der Befragung zum Monitoringbericht eine Voraussetzung für die Mitgliedschaft im Forum Nachhaltiger Kakao sein sollte. Dies schließt selbstverständlich auch ein, dass die zivilgesellschaftlichen Mitglieder jährlich über Projekte im Kakaosektor berichten. Die Zivilgesellschaft schlägt zudem vor, dass zu einzelnen Fragen alle Mitglieder öffentlich berichten. So ist beispielsweise die Rückverfolgbarkeit des Kakaos elementar, damit Unternehmen ihrer Sorgfaltspflicht nachkommen können. Entsprechend sollte hierzu jedes Unternehmen öffentlich berichten. Während in anderen Multi-Stakeholder-Initiativen wie dem Textilbündnis transparent über den Anteil von zertifizierten Rohstoffen berichtet wird, ist im Forum Nachhaltiger Kakao bislang nicht bekannt, welches Unternehmen wie viel zertifizierten Kakao und welches System (z.B. Fairtrade, Rainforest Alliance oder andere) nutzt. Diese Überlegungen werden derzeit in verschiedenen Gremien des Forums Nachhaltiger Kakao diskutiert und eine Entscheidung dazu steht noch aus.
Erste Ergebnisse zu Schwerpunktthemen des Forum Nachhaltiger Kakao
Trotz der genannten Einschränkungen lohnt sich ein Blick auf die erhobenen Daten im Monitoringbericht 2020. Im Folgenden sollen schlaglichtartig Ergebnisse zu Themen herausgestellt werden, die aus Sicht der Zivilgesellschaft von besonderem Interesse sind und als Schwerpunktthemen des Forum Nachhaltiger Kakao identifiziert wurden.
Rückverfolgbarkeit als Grundvoraussetzung entwaldungsfreier Lieferketten
Die Mitglieder des Forum Nachhaltiger Kakao setzten sich dafür ein, dass Entwaldung beendet wird und wollen zum Erhalt der Biodiversität und zur Wiederaufforstung beitragen. Die Rückverfolgbarkeit der Lieferkette ist eine Grundvoraussetzung dafür, dass Unternehmen Entwaldung ausschließen können und wird im Monitoring entsprechend als zentraler Indikator zur Messung des Fortschritts herangezogen. Das Forum Nachhaltiger Kakao bezieht sich in der Befragung und im Monitoringbericht auf sechs Level der Herkunftstransparenz. Diese reichen von "Ursprung unbekannt oder nur Anbauland bekannt" (Level 1) über "Land, Region, und Gemeinde/Kooperative bekannt" (Level 3) bis hin zu "Betrieb bekannt, die Polygongrenzen des Betriebs und der Felder des Betriebs wurden verifiziert und liegen nachweislich nicht in einem geschützten Wald und nicht auf Land, das seit 2018 abgeholzt wurde." (Level 6).
Nur 14 % der Mitglieder aus Handel und Industrie haben zu dieser Frage geantwortet. Die erhobenen Daten zeigen, dass für 59 % der berichteten Kakaomenge die Herkunft unbekannt ist oder lediglich das Anbauland bekannt ist. Bedenkt man, dass auf europäischer Ebene derzeit Regulierungen für entwaldungsfreie Lieferketten diskutiert werden, macht dieser Wert den dringenden Handlungsbedarf bei vielen Mitgliedern des Forum Nachhaltiger Kakao deutlich. Das FNK hat darauf bereits reagiert, eine Arbeitsgruppe "Rückverfolgbarkeit" gemeinsam mit Kakao-Plattformen aus anderen europäischen Ländern gegründet und in einem Hintergrundpapier die verschiedenen Möglichkeiten für Rückverfolgbarkeitssysteme analysiert. Die erhobenen Daten zeigen aber auch einen weiteren Trend. Denn für 40,8 % der im Monitoring erfassten Gesamtkakaomenge (in den Verbraucherprodukten für den deutschen Markt) geben die Mitglieder entsprechend dem Herkunftslevel an, die Herkunft bis zur Farm zurückverfolgen zu können. Das zeigt: Wenn Unternehmen Rückverfolgbarkeitssysteme aufbauen, dann in der Regel nicht nur bis zur Kooperative, sondern bis zur Farm. Damit wird deutlich, dass die technischen Voraussetzungen für Rückverfolgbarkeitssysteme gegeben sind. Es kommt nun darauf an, dass Unternehmen bereit sind, in diese Systeme zu investieren.
Kinderarbeit: Schutzsysteme decken nur die Hälfte der erfassten Haushalte ab
Die Mitglieder des Forum Nachhaltiger Kakao setzen sich dafür ein, dass missbräuchliche Kinderarbeit in der Kakaoproduktion abgeschafft wird. Um das Engagement der Mitglieder in diesem Bereich zu messen, wird im Monitoring erhoben, wie viele Haushalte in den Projekten und Programmen der Forums-Mitglieder von einer Strategie oder einem System zur Prävention, Kontrolle, Monitoring und Behebung der schlimmsten Formen der Kinderarbeit erfasst werden. Auch zu dieser Frage ist die Datenlage extrem dünn und nur zu sieben von 20 Projekten und Programmen wurde berichtet, dass durchschnittlich 51 % der in diesen sieben Projekten erreichten Haushalte von einem Kinderschutzsystem, dem so genannten Child Labour Monitoring and Remediation System (CLMRS), abgedeckt werden. Der Monitoringbericht weist darauf hin, dass es sich dabei um größere Programme handelt und ca. 485.953 Haushalte erfasst werden. Zum Vergleich: Allein in Ghana und Côte d’Ivoire geht man von mindestens 1,8 Millionen Kakaohaushalten aus. Es liegen keine Daten vor, in welchen Ländern die erfassten Projekte durchgeführt werden.
Im Monitoring wurde zudem abgefragt, ob das Unternehmen abgesehen von den in Projekten erreichten Haushalten eine Strategie oder ein System zum Schutz vor Kinderarbeit in der eigenen Lieferkette hat. Hier antworteten nur 14 Unternehmen (27 %) mit "ja", 24 Unternehmen (47 %) gaben keine Antwort oder hatten sich am Monitoring nicht beteiligt und 13 Unternehmen (26 %) antworteten mit "Nein". Dieses Ergebnis erstaunt, wenn man bedenkt, dass ausbeuterische Kinderarbeit im Kakaosektor seit über 20 Jahren bekannt ist und der Aufbau von Kinderschutzsystemen von den Mitgliedern der Kakao-Plattform als ein wichtiges Instrument angesehen wird. Klar ist allerdings auch, dass allein der Aufbau von CLMRS die Ursachen von Kinderarbeit – wie z.B. fehlender Zugang zu Bildung sowie Armut – noch nicht adressiert. Doch CLMRS sollten von allen Unternehmen als wichtiges Instrument angesehen werden, um der eigenen Sorgfaltspflicht nachzukommen. Aus Sicht der Zivilgesellschaft muss jede Strategie zur Reduzierung von verbotener Kinderarbeit auch Maßnahmen enthalten, die zur Schließung der Lücke zu einem existenzsichernden Einkommen führen.
Blinder Fleck: Zahlung von Prämien und existenzsichernden Preisen
Um zu einem existenzsichernden Einkommen beizutragen, haben sich die Mitglieder des Forum Nachhaltiger Kakao darauf verständigt, sich für bessere Ab-Hof-Preise, Mindestpreise und Prämiensysteme sowie einkommensschaffende Maßnahmen einzusetzen. Das Monitoringsystem sieht vor, dass die Mitglieder jährlich berichten, welche Nachhaltigkeitsprämien sie pro Tonne an Lieferanten und/oder Bäuer*innen für den gekauften oder verarbeiteten Kakao zahlen. Zu den gezahlten Prämien haben nur 13 der insgesamt 51 Mitgliedsunternehmen Auskunft erteilt. Teilweise wurden unterschiedliche Berechnungsmethoden verwendet, was eine genauere Analyse im Monitoringbericht nicht ermöglicht hat. Da das Forum Nachhaltiger Kakao eigentlich vorsieht, dass alle Mitgliedsunternehmen über die Prämienzahlungen seit 2020 berichten, besteht hier dringender Handlungsbedarf. Durch eine Präzisierung der Fragestellung wird angestrebt, die Datenlage im nächsten Monitoringbericht zu verbessern. Die Datenlage wird sich allerdings nur verbessern lassen, wenn von Seiten der Mitgliedsunternehmen die Bereitschaft besteht, transparent zur Zahlung von Nachhaltigkeitsprämien zu berichten.
Neben den gezahlten Prämien bezieht sich das Monitoring auch auf die konkrete Wirkung von Projekten, die zu einem existenzsichernden Einkommen beitragen sollen. So sollen die Mitglieder über die Entwicklung von Haushaltseinkommen bei den erreichten Bäuer*innen berichten. Laut Monitoringbericht wurden jedoch nur für fünf von 20 berichteten Projekte Angaben zum Haushaltseinkommen in Relation zu einem Benchmark für existenzsichernde Einkommen gemacht. Da es sich um aggregierte Daten handelt und nur limitierte Informationen über die Methodik der einzelnen Berechnungen vorliegen, wurden die Ergebnisse nicht veröffentlicht. An dieser Stelle wird deutlich, dass ein wesentlicher Mehrwert für gemeinsame Lernerfahrungen durch die starke Aggregation und Anonymisierung der Daten verloren geht.
Forum Nachhaltiger Kakao ist auf Transparenz der Mitglieder angewiesen
An dieser Stelle bleibt der Appell an alle Mitgliedsunternehmen, das Forum Nachhaltiger Kakao auch als gemeinsame Lernplattform zu begreifen. Der Anspruch, gemeinsam mit allen Akteuren entlang der Wertschöpfungskette die Herausforderungen anzugehen, kann nur funktionieren, wenn alle Akteure bereit sind zu kooperieren und transparent über ihre Maßnahmen und erreichten Wirkungen zu berichten. Auch die Glaubwürdigkeit des Forum Nachhaltiger Kakao ist darauf angewiesen, dass die Mitglieder ihr Engagement sichtbar machen. Das starke Aggregieren von Daten zu Projekten und Programmen mag für Unternehmen auf den ersten Blick weniger aufwendig erscheinen, hilft aber nicht, die wirkungsvollsten Strategien zu identifizieren. Es wäre erstaunlich, wenn Unternehmen, die zum Teil erhebliche Summe in Nachhaltigkeitsprojekte investieren, diese Daten nicht ohnehin erheben. Was hält sie davon ab, diese auch zu veröffentlichen? Eine ganze Reihe von Projekten im Kakaosektor erhalten zudem Fördermittel der Bundesregierung. Es wäre jetzt an der Zeit, dass Ministerien wie das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung es zum Standard in Verträgen macht, dass Fördermittel nur vergeben werden, wenn sich Zuschussempfänger wie Unternehmen und Nichtregierungsorganisationen dazu verpflichten, über die erhobenen Daten und erreichten Wirkungen in Projekten öffentlich zu berichten.
Allein der Prozess, ein Monitoringsystem aufzubauen, hat zu vielen wichtigen Diskussionen im Forum Nachhaltiger Kakao geführt und dabei viele Mitglieder dafür sensibilisiert, dass sich die Herausforderungen im Kakaosektor nicht allein über die Nutzung von zertifizierten Kakaos lösen lassen. Als Multi-Stakeholder-Initiative mit 70 zum Teil sehr unterschiedlichen Mitgliedern wurde damit ein erster wichtiger Schritt getan. Es steht außer Frage, dass es noch Verbesserungsbedarf für das Monitoringssystem gibt. Klar ist aber auch, dass das Forum Nachhaltiger Kakao auf die Mitwirkung aller Mitglieder angewiesen ist, wenn es dazu beitragen soll, die Lebensbedingungen der Kakaobauern und -bäuerinnen und ihrer Familien zu verbessern und die natürlichen Ressourcen zu schonen.