Die Zukunft der Mode mit fairen Partnerschaften gestalten

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Jette Ladiges
Autorin
Jette Ladiges
Partnerships Manager bei der World Fair Trade Organization (WFTO)

Die Zukunft der Mode mit fairen Partnerschaften gestalten 

Der Markt für ethische Mode und Textilien aller Art boomt. Insbesondere junge Menschen legen immer mehr Wert auf aktuelles Design in Kombination mit einer nachhaltigen Herstellung. Auch große, auf „Fast Fashion“ ausgerichtete Textilunternehmen werben zunehmend mit entsprechenden Linien und Nachhaltigkeitsversprechen. Daraus ergeben sich Herausforderungen für die Akteur*innen des Fairen Handels.  

Nachhaltige Botschaften als Wettbewerbsvorteil

Eine nachhaltige Botschaft wird heute als Wettbewerbsvorteil von Mainstreammarken angesehen. Für Fair-Handels-Unternehmen kann das zum Problem werden, da der Markt immer unübersichtlicher wird und es für Verbraucher*innen zunehmend schwer ist zu erkennen, welche Labels und Marken nun wirklich fair sind.

Zudem zeigt sich, dass auch umwelt- und sozialbewusste Verbraucher*innen beim Einkauf häufig  erst auf Design, Preis und Qualität schauen, bevor sie auf ethische Faktoren achten. Die Herausforderung an das heutige Design besteht darin, im Trend zu liegen und gleichzeitig den Anforderungen eines langlebigen Designs gerecht zu werden. Wie sollen Klein- und Kleinstunternehmen aus dem Fair-Trade-Bereich leisten können, woran sogar große Marken mit riesigen Budgets für Produktentwicklung oft scheitern?

Menschen und Umwelt vor Profitmaximierung – der Ansatz der WFTO-Community

WFTO-Mitglieder sind soziale Unternehmen, die bei allem, was sie tun, den Menschen und die Umwelt vor Profit und Gewinnmaximierung stellen. Mit unserem Garantie-System überprüfen wir, dass unsere Mitglieder wirklich Fair-Handels-Unternehmen sind. Dies bedeutet, dass sie die 10 Grundsätze des fairen Handels in ihren Betrieben und Lieferketten verankert haben. Hierbei geht es darum, ein Unternehmen ganzheitlich mit einer sozialen Mission im Kern aufzubauen. Somit haben unsere Mitglieder ein Unternehmensmodell, das in krassem Gegensatz zu Mainstream-Unternehmen steht.

Unsere Mitglieder verfügen über drei strukturelle Komponenten, die es ihnen ermöglichen, sozialen und ökologischen Zielen den Vorrang vor finanziellen Aspekten einzuräumen. Erstens garantieren sie soziale Arbeitsbedingungen, die die Menschenrechte wahren und eine positive soziale Wirkung erzeugen. Zweitens wenden sie Handelspraktiken an, die sicherstellen, dass diese Bedingungen erfüllt werden – das betrifft zum Beispiel die Zahlungsbedingungen und die Langlebigkeit der Handelsbeziehungen. Und drittens haben sie ihre Mission in ihren Strukturen verankert, zum Beispiel durch ihren Vorstand und ihr Gewinnmodell, um sicherzustellen, dass ihr Unternehmen so aufgebaut ist, dass die Menschen und der Planet an erster Stelle stehen.

Marktchancen ergreifen, aber wie?

Wir versuchen unsere Mitglieder durch unterschiedliche Initiativen dabei zu unterstützen, neue Marktchancen zu ergreifen. Dabei konzentrieren wir uns überwiegend auf Partnerschaften, um ihnen Zugang zu Ressourcen, neuen Zielgruppen und externen Fortbildungsmaßnahmen zu verschaffen. Zum Beispiel versuchen wir den Systemwandel in der Modeindustrie mit unserem „Small but perfectly formed“-Projekt voranzutreiben. Wir glauben, dass dieser Wandel durch Zusammenarbeit, Bildung und Innovation innerhalb des Ökosystems Kleiner und Mittlerer Unternehmen (KMU) entstehen wird. „Small but Perfectly Formed“ ist ein Projekt, das die Umstellung von Mode-KMU auf zirkuläre und nachhaltige Modelle beschleunigen soll.

„eBay for Change“ auf der anderen Seite ist ein Projekt, in dem wir gemeinsam mit Social Enterprise UK (SEUK) und eBay daran arbeiten, das Modell des sozialen Unternehmens zu verbreiten, ihm zu wirtschaftlichem Erfolg zu verhelfen und wirtschaftliche Ideen und Politiken zu gestalten, um den dringend benötigten breiteren wirtschaftlichen Wandel zu fördern. Aber vor allem soll das Projekt Fair-Handels-Unternehmen dabei unterstützen, wirtschaftlich zu erstarken und ihre Umsätze zu steigern.

„Beyond Beautiful“ ist eine weitere Initiative, mit der wir versuchen die Sichtbarkeit unserer Mitglieder gegenüber neuen kommerziellen Käufer*innen zu verbessern. Hierbei haben wir gemeinsam mit einer Designerin an einer WFTO-Kollektion gearbeitet.

Des Weiteren versuchen wir, den ganzheitlichen Ansatz des WFTO-Garantiesystems bei potenziellen Käufer*innen bekannter zu machen. Die wachsende Anerkennung der Glaubwürdigkeit des WFTO-Garantiesystems hat zum Beispiel dazu geführt, dass größere Unternehmen Interesse haben, mit unseren Mitgliedern zusammenzuarbeiten.  Für die großen Unternehmen ist das reizvoll, weil sie sich dadurch sicher sein können, dass sie ihre Corporate-Social-Responsibility-Ziele mit der Zusammenarbeit erreichen.

Eine besondere Partnerschaft

Ein schönes Beispiel dafür ist unsere Kooperation mit dem französischen Luxus-Label Chloé. 2020 ist Caterina Occhio von SeeMe mit der Idee einer potenziellen Partnerschaft mit Chloé an uns herangetreten. Neben ihrem eigenen Fair-Handels-Unternehmen ist Caterina Chloés CSR-Beraterin für Nachhaltigkeit. Nach einer im September 2020 unterzeichneten Partnerschaft mit der WFTO brachte Chloé im März 2021 seine ersten fair gehandelten Luxuskollektionen auf den Markt. Chloé hat sich zum Ziel gesetzt, 20 % seiner Produkte langfristig von Mitgliedern der World Fair Trade Organization herstellen zu lassen.

Eine der wichtigsten Lehren aus dieser erfolgreichen Kooperation ist, dass man sich auf einen Dialog einlassen muss. Caterina Occhio hat uns die folgenden Erkenntnisse mitgegeben:

„1. Wenn man mit großen Brands arbeitet, sollte man immer die handwerklichen Fähigkeiten der Kunsthandwerker*innen präsentieren und nicht das Endprodukt, das sie mit ihren Fähigkeiten herstellen.

2. Kommunikation ist alles! Welche Art von Produktentwicklung kann man gemeinsam machen? Der Designprozess der Produktentwicklung ist entscheidend und muss in Zusammenarbeit erfolgen.

3. Man sollte keine Angst haben zu sagen: "Nein, so kann ich das nicht machen“. Manchmal begreifen Designer*innen die Komplexität der Zusammenarbeit mit lokalen Handwerker*innen nicht und schlagen Designs vor, die nicht herzustellen sind. Hier sollte man aber gleichzeitig immer Alternativen vorschlagen.

4. Qualitätskontrolle ist entscheidend. Modemarken verlangen in der Regel größere Mengen, und es ist manchmal schwierig, eine konstante Qualität zu gewährleisten. Fair-Trade-Unternehmen sollten daher unbedingt in ihre Qualitätskontrolle investieren!“

Die größte Erkenntnis dieser Kooperation ist: Es ist möglich! Auch ein großes Unternehmen wie Chloé kann sich neu orientieren und verantwortungsvoll handeln und mit Fair-Handels-Unternehmen zusammenarbeiten.

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