Was hat dich motiviert, die Bad Boyz Ballfabrik zu gründen?
Die Ballfabrik war die letzte Stufe und logische Konsequenz meiner langjährigen Berufserfahrung. Ich habe von 1975 bis 1990 bei der bereits erwähnten Nürnberger Firma BERG - SPORTGERÄTE gearbeitet. Die Firma gibt es inzwischen nicht mehr, aber sie hat als ältester Sportartikelhersteller Europas bis in die 90er Jahre zu großen athletischen Erfolgen beigetragen. Ich war dort als Verkaufs- und Marketingleiter unter anderem für Ledersportartikel zuständig, also hauptsächlich für Bälle und Boxsportartikel wie Handschuhe und Sandsäcke. Meine berufliche Verbindung zum Boxen und Fußball wurde noch enger, als ich 1982 die Aufgabe bekam, die Produktion besagter Lederartikel von Nürnberg nach Pakistan zu verlagern. Seitdem war und bin ich dort aktiv, bis 1990 als Angestellter der Firma BERG und danach für meine eigene Boxartikel-Firma U.N.O Sports. Älteren Fans dürfte sie noch ein Begriff sein. Unter anderem hat der ehemalige Weltmeister Henry Maske mit Handschuhen von uns geboxt. Innerhalb der Familie haben wir 2014 beschlossen, meine über 40 Jahre in Pakistan gesammelten Erfahrungen mit Ledersportartikel zu nutzen, um es deutlich besser zu machen. Auch die vielen negativen Erfahrungen, wie Unternehmen dort mit den Menschen umgehen, spielten dabei eine entscheidende Rolle. Beispielsweise mussten Näher*innen in fensterlosen, engen Räumen arbeiten. Ein Fußball besteht ja aus verschiedenen Teilen, die an entsprechenden Maschinen gestanzt werden müssen. Aufgrund veralteter Technik und fehlender Sicherheitsvorkehrungen haben die Arbeiter*innen bei der Akkordarbeit an den Stanzen nicht selten Finger verloren. Schwangere Frauen wurden entlassen, die Arbeiter*innen waren nicht versichert. Für uns war vollkommen klar: Wenn wir das in unserem Namen machen, dann als faires Familienunternehmen.
Was unterscheidet euch von konventionellen Anbietern?
Was die Fertigungstechnik betrifft, unterscheiden sich unsere fairen Bälle nicht von den Konventionellen. Es gibt für jeden Ballsport Weltverbände wie die International Handball Federation oder die berühmt-berüchtigte FIFA für den Fußball. Die jeweiligen Bälle müssen nach deren Vorgaben gefertigt werden. Auch wie groß oder schwer ein Ball sein muss, ist streng vorgegeben, so dass es kaum Spielraum gibt, anders zu fertigen.
Die Arbeitsbedingungen, Sozialleistungen und die Bezahlung der Arbeiter*innen sind die drei Kernpunkte, die uns deutlich von den konventionellen Anbietern und Marken unterscheiden. Es gibt in der "Welthauptstadt" der Ballproduktion namens Sialkot im Nordosten Pakistans über 720 Betriebe. Davon sind ungefähr 30 bis 40 sehr groß. Das sind die, die unter anderem für die großen bekannten Marken wie Adidas, Puma und Nike arbeiten. Dann gibt es noch fünf Fairtrade-zertifizierte Hersteller, von denen zwei auch für uns arbeiten. Dort sind die Arbeitsplatzbedingungen sehr viel besser als bei den anderen. Dank großer Fenster sind die Räume heller, die Arbeitsplätze sauberer. Zudem verfügen diese Fabriken über Lüftungsanlagen. Das alles schafft angenehmere Arbeitsplätze für die Mitarbeiter*innen. Hier ist der Kontrast, insbesondere im Vergleich zu den kleineren Firmen, sehr groß. Denn dort wird teilweise auf dem Boden gearbeitet, die Stanzmaschinen sind veraltet und entsprechend gefährlich. Bei den Fairtrade-zertifizierten Herstellern sind hingegen sichere Arbeitsmaterialien und Maschinen im Einsatz.
Außerdem bieten die beiden Fairtrade-zertifizierten Hersteller, mit denen wir arbeiten, ein viel größeres Spektrum an Sozialleistungen an. Die Arbeiter*innen dort sind alle sozial- und krankenversichert. Es gibt Rentensparprogramme, wie wir sie hierzulande kennen und Betriebsrenten sowie Versicherungen zur Absicherung bei Arbeitsunfällen. Das dritte wichtige Unterscheidungsmerkmal ist die Bezahlung. Hier geht es um die die Zahlung von existenzsichernden Einkommen (Living Wages).