Der Grüne Knopf: ein guter Ansatz mit Verbesserungspotenzial - Was hat sich mit dem neuen Standard 2.0 verändert?

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Verena Albert
Autorin
Verena Albert
Abteilung Grundsatz & Politik, GEPA - The Fair Trade Company

Das staatliche Siegel „Grüner Knopf“, welches auf immer mehr Textilien zu sehen ist, steht für sozial und ökologisch nachhaltig produzierte Textilien. Es soll Verbraucher*innen sowie öffentlichen Vergabestellen beim Kauf von nachhaltig produzierten Textilien Orientierung geben.

Im September 2019 wurde das Siegel vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) in Zusammenarbeit mit der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) eingeführt. Der Grüne Knopf verbindet erstmals als staatliches Siegel Anforderungen an die textilen Produkte und an das gesamte Unternehmen.

Drei Jahre nach der Einführung des Grünen Knopf sind aktuell 94 Unternehmen zertifiziert und ca. 200 Millionen Textilien dürfen das Siegel tragen. Das Textilsiegel findet man auf Produkten wie T-Shirts, Hosen, Mützen, textilen Schuhen, aber auch auf Bettwäsche, Rucksäcken oder Berufsbekleidung.

Seit Mitte 2020 wurde der bisherige Standard 1.0 mithilfe eines unabhängigen Beirats und in zwei öffentlichen Konsultationen überarbeitet und weiterentwickelt. Am 1. August 2022 ist der Grüne Knopf 2.0. in Kraft getreten.

Vom Grünen Knopf 1.0 zum Grünen Knopf 2.0

Durch die Überarbeitung des Standards zum Grünen Knopf 2.0 konnten einige Verbesserungen erzielt werden, die in der textilen Lieferkette eine zentrale Rolle spielen. Dazu zählen mehr Transparenz in der Lieferkette, teils höhere Anforderungen an Unternehmen in Bezug auf die Sorgfaltspflichten entlang der Kette sowie die Ausweitung der Überprüfungen auf der Produktionsstufe der Rohstoffgewinnung.

Dennoch gibt es auch beim Grünen Knopf 2.0 noch Verbesserungspotenzial: Die Anforderungen an die Unternehmen und an das Produkt reichen oftmals nicht an die Mindestkriterien des Fairen Handels (wie Fair-Handels-Prämie, Vorfinanzierung) heran und Teile der textilen Lieferkette sind auf der Produktebene gar nicht oder nur rudimentär abgedeckt. Auch die Zahlung von existenzsichernden Löhnen ist nicht verpflichtend.

Welche Verbesserungen konnten erzielt werden?

  • Neben den bereits existierenden Anforderungen an die Produktionsstufen „Konfektion“ und „Nassprozesse“ wird seit der Revision des Standards auch die Rohstoffgewinnung (d.h. der Faser- und Materialeinsatz) auf Produktebene mit geprüft. Textilien mit dem Grünen-Knopf-Siegel dürfen zudem nur aus zugelassenen Fasern und Materialien bestehen.
  • Die Anforderungen an unternehmerische Sorgfaltsprozesse (früher „Unternehmenskriterien“) wurden teils präzisiert, verbindlicher formuliert und um Entwicklungskriterien ergänzt, die im dritten Jahr umgesetzt werden müssen.
  • Die Unternehmen sind aufgefordert, mehr Informationen über die Zulieferer und die damit verbundenen Auswirkungen und Risiken auf Menschenrechte und Umwelt in der Lieferkette zu sammeln und auch zu veröffentlichen. Hier liegt der Fokus allerdings vor allem auf den Ebenen Konfektion und Nassprozesse.
  • Unternehmen müssen eine Priorisierung entlang ihrer Lieferkette nachfolgenden Einstufungen vornehmen: Risiko-Länder, Hochrisiko-Zulieferer und Hochrisiko-Materialien. Daran sind verschiedene Anforderungen geknüpft, die Unternehmen umsetzen müssen.
  • Unternehmen sind verpflichtet, die Lücke zwischen aktuell gezahlten Löhnen und existenzsichernden Löhnen zu analysieren sowie eine Strategie für Lohnerhöhungen und zur Förderung existenzsichernder Löhne vorzulegen. Allerdings muss darüber nicht öffentlich berichtet werden und diese Anforderungen beziehen sich ausschließlich auf die Produktionsstufe der Konfektion, exklusive der ausgelagerten Prozessschritte wie Drucken, Sticken etc.
  • Die Anforderungen an Unternehmen, Betroffenen einen Zugang zu effektiven Beschwerdemechanismen zu ermöglichen, wurden erweitert. Zu den fabrikinternen und lokalen Mechanismen sind Back-up-Mechanismen (vom auftraggebenden Unternehmen initiierte Kanäle) hinzugekommen, um Betroffenen mehr Möglichkeiten zu bieten, ihre Beschwerden zu äußern. Diese Anforderungen beziehen sich aber nur auf die Ebene der Konfektion in Risiko-Ländern und bei Hochrisiko-Zulieferern.

Wo gibt es noch Verbesserungsbedarf?

  • Die Produktionsstufen Spinnen und Weben werden über den Grünen Knopf 2.0 in Bezug auf die Anforderungen an das Produkt nach wie vor nicht abgedeckt. Gerade aber in Spinnereien sind schlechte Arbeitsbedingungen immer noch an der Tagesordnung.
  • Auch wenn die Kriterien, die die Unternehmen erfüllen müssen, teils präziser formuliert wurden, so sind einige der Anforderungen immer noch zu vage formuliert und lassen damit Spielraum für Interpretationen. Es gibt bei einigen Kriterien keine konkreten zeitlichen Vorgaben, bis wann ein Kriterium verbindlich umgesetzt werden muss.
  • Durch verschärfte bzw. neue Anforderungen müssen Unternehmen ihre Lieferkette transparenter darstellen und auch im Hinblick auf Risiken genauer analysieren. Leider beziehen sich viele Anforderungen vor allem auf die Produktionsstufen der Konfektion und Nassprozesse. Soziale und ökologische Kriterien können so nicht bei allen Akteuren in der Lieferkette umgesetzt werden.
  • Unternehmen können hinsichtlich der Risiken in der Lieferkette eigene Prioritäten setzen. Dadurch besteht die Gefahr, dass kritische Punkte umgangen werden.
  • Existenzsichernde Löhne sind keine Verpflichtung, auch Fortschritte bei der schrittweisen Anhebung von bestehenden Löhnen in Richtung existenzsichernde Löhne sind nicht verpflichtend. Auch hier beziehen sich die Kriterien nur auf die Produktionsstufe Konfektion.
  • Auf Produktebene werden als Nachweise für die Einhaltung der sozialen und ökologischen Kriterien 11 existierende Textilsiegel (u.a. Fair Wear, GOTS, Blaue Engel) anerkannt. Diese erfüllen die Mindestkriterien des Grünen Knopf, sind aber in ihren Kriterien unterschiedlich anspruchsvoll. Einige der anerkannten Siegel gehen weit über die Mindestkriterien des Fairen Handels hinaus. Bei anderen Siegeln werden nur die Mindestkriterien erfüllt.
  • Entsprechend der Anforderungen des Grünen Knopf ist es so, dass ein Textilprodukt für den Produktionsschritt Konfektion Siegel vorweisen muss, die fast ausschließlich die Sozialkriterien abdecken. Für die Produktionsschritte der Nassprozesse reichen Siegel als Nachweis aus, die fast nur Umweltkriterien erfüllen.
  • Die Anforderungen, die vom Grünen Knopf an die Herkunft und Produktion chemischer, natürlicher und tierischer Fasern und Materialien gestellt werden, gehen teils nicht über gesetzliche Verordnungen hinaus.

Auf dem richtigen Weg - aber das Ziel ist noch nicht erreicht

Durch den Grünen Knopf werden Verbraucher*innen beim Einkauf von Textilien stärker für soziale Kriterien und Umweltschutz sensibilisiert. Als staatliches Siegel hat der Grüne Knopf mittlerweile eine breite Bekanntheit erreicht. Viele Konsument*innen können so noch mehr auf das Thema sozial und ökologisch nachhaltige Textilien aufmerksam gemacht werden.

Anders als andere Textilsiegel werden die Anforderungen beim Grünen Knopf nicht nur an das Produkt selbst gestellt, sondern an das gesamte Unternehmen und dessen Einkaufspolitik. Dies ist begrüßenswert, da die Unternehmen durch die unternehmensbezogenen Kriterien ihre Lieferketten und die damit verbundenen Risiken besser kennen müssen.

Dennoch gibt es nach wie vor einige Schwachpunkte beim Grünen Knopf und die Anforderungen, die an die verschiedenen Produktionsstufen innerhalb der textilen Lieferkette gestellt werden, sind noch nicht ausreichend und umfassend genug. Somit kann nicht sichergestellt werden, dass soziale und ökologische Kriterien bei allen Akteuren in der Lieferkette umgesetzt werden.

Deshalb ist es erfreulich, dass eine erneute Überarbeitung und damit Weiterentwicklung des Standards in den nächsten Jahren geplant ist.

„Bei der Weiterentwicklung des Grünen Knopf (GK) zum GK 2.0 ist positiv zu sehen, dass Unternehmen eine Strategie zur Lohnerhöhung bei ihren Zulieferern vorlegen müssen. Es werden also erste Schritte wie z.B. die Ermittlung der Lohnlücke zwischen dem gezahlten Lohn und einem existenzsichernden Lohn (der rund 3-4-mal so hoch ist) gemacht. Kritisch dagegen bleibt, dass es weiterhin keine Verpflichtung gibt, dass auch existenzsichernde Löhne wirklich gezahlt werden, obwohl das Logo des GK „sozial, ökologisch, staatlich unabhängig zertifiziert“ dies suggeriert. Leider nimmt der GK 2.0 andere wichtige Themen wie geschlechtsspezifische Gewalt am Arbeitsplatz nicht genauso stark in den Fokus, obwohl die Gewalt gegen Frauen in vielen Ländern Asiens ein enormes Problem darstellt. So wird von Unternehmen auch nicht verlangt, die Frauenrechtskonvention (CEDAW) und die ILO Konvention 190 gegen geschlechtsspezifische Gewalt am Arbeitsplatz als Bestandteil der Grundsatzerklärung aufzunehmen.

Leider verlangt der GK von Unternehmen auch keine transparente Lieferkette. Unternehmen müssen nur alle Produktionsländer benennen, nicht aber ihre Lieferanten dort.“

Gisela Burckhardt, Vorstandsvorsitzende bei FEMNET
Publikationen zum Thema
Forum Fairer Handel (2022):

Einordnung des Grünen Knopf 2.0 - In dem Beitrag analysiert Verena Albert, welche Verbesserungen nach der Revision der Standards erzielt wurden und unter welchen Punkten der Grüne Knopf noch verbesserungswürdig ist.

Weitere Informationen

Die Standarddokumente zum Grünen Knopf 2.0 finden Sie hier.

Interview mit Herrn Plein, Leiter der Geschäftsstelle Grüner Knopf, das wir im Rahmen der Fairen Woche 2022 geführt haben

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